EU-Kommission verbreitet Desinformation

Testbiotech warnt vor Missachtung der Wissenschaft

14. Juli 2021 / Die EU-Kommission weist Kritik an ihrem Bericht über Neue Gentechnik bei Pflanzen zurück. In einem Schreiben an Testbiotech behauptet sie, dass gentechnisch veränderte Pflanzen im Vergleich zu herkömmlich gezüchteten Pflanzen keine neuartigen Risiken aufwiesen, wenn keine Gene aus anderen Arten übertragen werden. Damit wiederholt die Kommission Behauptungen von Industrie und industrienahen ExpertInnen, die in Widerspruch zur wissenschaftlichen Evidenz stehen. Testbiotech warnt deswegen vor Desinformation und Missachtung der Wissenschaft.

Die Kommission bezieht sich auf zwei Methoden der gentechnischen Veränderung: zum einen die gezielte Mutagenese (Neue Gentechnik, Genome Editing), bei der Werkzeuge wie die Gen-Schere CRISPR/Cas zur Anwendung kommen; zum anderen geht es um die ‚Cisgenese‘, bei der per Gentechnik Gene übertragen werden, die aus derselben oder einer nahe verwandten Art stammen. Im Schreiben der Kommission heißt es dazu: „Basierend auf den wissenschaftlichen Stellungnahmen der EFSA und einem signifikanten Teil der wissenschaftlichen Einrichtungen, stellt unser Bericht fest, dass Pflanzen, die aus zielgerichteter Mutation und Cisgenese stammen, im Vergleich zu herkömmlich gezüchteten Pflanzen keine neuartigen Risiken aufweisen.“

Mit dieser Behauptung ignoriert die Kommission alle wissenschaftlichen Erkenntnisse, die zeigen, dass die Verfahren der Neuen Gentechnik tatsächlich mit spezifischen und neuartigen Risiken einhergehen. So haben erst jüngst ExpertInnen von Umweltbehörden aus Deutschland, Italien, Österreich, Polen und der Schweiz in einer Publikation dargelegt, dass für alle Pflanzen, die mit Neuer Gentechnik verändert wurden, eine Risikoprüfung verpflichtend sein muss, wobei sowohl gewollte als auch ungewollte Effekte berücksichtigt werden müssen.

Der Grund: Werkzeuge wie CRISPR/Cas machen das Erbgut in größerem Umfang für Veränderungen verfügbar, als dies im Rahmen der konventionellen Zucht möglich ist. So werden auch genetische Veränderungen bewirkt, die sonst nicht zu erwarten wären. Die daraus resultierenden gewollten und ungewollten Effekte lassen sich, ebenso wie die Risiken, oft deutlich von denen aus konventioneller Züchtung unterscheiden.

In ihrem Schreiben beruft sich die EU-Kommission auf Stellungnahmen der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA). Weitergehende Analysen zeigen jedoch, dass die Behauptungen der Kommission nicht durch die EFSA gedeckt sind. Erstens hatte die EFSA bisher gar kein Mandat, um die Risiken der Neuen Gentechnik umfassend zu bewerten. Zweitens stellt die EFSA in einem ihrer Berichte selbst fest, dass die genetischen Veränderungen, die durch gezielte Mutagenese ausgelöst werden, weit über das hinausgehen können, was bisher bei gentechnisch veränderten Pflanzen zur Risikobewertung vorgelegt wurde.

Testbiotech kritisiert, dass die EU-Kommission in ihrem Bericht zur Neuen Gentechnik einer stark von der Industrie geprägten Begrifflichkeit und Betrachtungsweise folgt, die wissenschaftlich nicht ausreichend begründet ist.

Im Ergebnis entsteht so der Eindruck, dass die EU-Kommission die extremen Forderungen der Industrie nach einer Deregulierung der Neuen Gentechnik bei Pflanzen aktiv unterstützt. Bisher müssen diese nach einem Urteil des EU-Gerichtshofes wegen ihrer Risiken für Mensch und Umwelt einer gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungsprüfung unterzogen werden.

Kontakt:
Christoph Then, info@testbiotech.de, Tel 0151 54638040

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