EFSA: Risikobewertung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik auch dann notwendig, wenn keine Gene eingefügt werden

Europäische Lebensmittelbehörde präsentiert neuen Bericht

18. Februar 2021 / Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat einen weiteren Bericht zur Risikobewertung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik vorgelegt. Dieser betrifft auch Pflanzen, die mit der Gen-Schere CRISPR/Cas in ihrem Erbgut verändert wurden, bei denen aber keine zusätzlichen Gene eingefügt wurden (sogenannte SDN-1-Anwendungen). Der Bericht der EFSA zeigt, dass auch dann eine eingehende Risikobewertung durchgeführt werden muss, wenn keine zusätzlichen Gene eingefügt werden. Der Bericht ist das Ergebnis einer Konsultation, an der auch Testbiotech teilgenommen hatte.

Um die möglichen Auswirkungen des Einsatzes von Gen-Scheren zu analysieren, wählte die EFSA das Beispiel Weizen. Die untersuchten Pflanzen wurden per CRISPR so verändert, dass ihre Ernte weniger Gluten enthält. Dieses Eiweiß steht im Verdacht, entzündliche Reaktionen hervorzurufen. Durch den Einsatz der Gen-Schere CRISPR/Cas wurden gleichzeitig mehrere Dutzend Gene und Gen-Kopien im Erbgut der Pflanzen verändert. Die EFSA kommt zu der korrekten Einschätzung, dass derartig komplexe Veränderungen über das hinausgehen, was bisher mit Züchtung oder ‚alter‘ Gentechnik möglich war. Wie die EFSA erläutert, würden im Falle eines Antrags auf Marktzulassung unter anderem die Art der genetischen Veränderung, die Genaktivität und mögliche Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt untersucht.

Da viele Nahrungspflanzen wie Weizen oder Mais ein sehr großes Genom mit vielen Kopien einzelner Gene oder Gruppen von ähnlichen Genen aufweisen, sind komplexe Veränderungen für den Einsatz von CRISPR/Cas typisch: In der Regel werden alle entsprechenden Gene gleichzeitig verändert. Daher betrifft die Einschätzung der EFSA keineswegs nur einzelne Fälle, sondern eher die Mehrzahl der Anwendungen von Neuer Gentechnik bei Nutzpflanzen.

Nicht nachvollziehbar ist, warum die EFSA entsprechende Risiken nicht bereits in einem früheren Bericht über SDN-1-Pflanzen erwähnt hat, den sie im November letzten Jahres veröffentlicht hatte. Zudem klassifiziert die EFSA den Weizen jetzt als ein Produkt der ‚Synthetischen Biologie‘. Damit unterteilt die EFSA die Anwendungen der Gen-Scheren willkürlich in unterschiedliche Kategorien und erschwert es so erheblich, zu einer verlässlichen Einschätzung der Risiken von SDN-1-Anwendungen zu kommen.

Testbiotech wirft der EFSA deswegen vor, nicht für notwendige Klarheit zu sorgen, sondern im Gegenteil erhebliche Verwirrung zu stiften. Testbiotech kritisiert auch, dass die EFSA in ihrem jetzigen Bericht nur einen kleinen Ausschnitt der relevanten Risiken benennt. So befasst sich die EFSA vorwiegend mit den beabsichtigten Veränderungen und nicht mit ungewollten Effekten, die mit dem Einsatz der Gentechnikverfahren einhergehen.

Klarheit über die Risiken der Neuen Gentechnik wird jedenfalls dringend benötigt. So wird derzeit im EU-Parlament über die Farm-to-Fork-Strategie der EU-Kommission beraten. Einige Abgeordnete fordern in diesem Zusammenhang eine Deregulierung der Neuen Gentechnik an Pflanzen. Zudem diskutiert die EU-Kommission über eine eigene Stellungnahme zur Neuen Gentechnik, die voraussichtlich im April vorgelegt werden soll.

Kontakt:
Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040

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