Herbizidresistente Pflanzen führen zu einer falschen Anbaupraxis

Erwartungen
Mit der Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen vor etwa 30 Jahren ging die Hoffnung einher, Pestizide im Anbau einsparen zu können. Dies wäre vor allem für Umwelt, Gesundheit und LandwirtInnen vorteilhaft. Die Theorie dazu: Eine Pflanze wird mittels Gentechnik gegen ein Herbizid resistent gemacht. Weil die resistenten Gentechnik-Pflanzen den Einsatz von Breitbandherbiziden wie beispielsweise Glyphosat während der Vegetationsphase ermöglichen, würden Herbizide nur noch nach Bedarf verwendet werden und somit zu einer umweltverträglicheren Landwirtschaft führen.

Realität
In den ersten Anbaujahren wurden teilweise tatsächlich weniger Herbizide eingesetzt. Doch der kontinuierliche und flächendeckende Anbau herbizidresistenter Gentechnik-Pflanzen, die in einigen Ländern wie den USA einen Anteil von über 90 Prozent der jeweiligen Anbauflächen ausmachen, führte bald zu einer Steigerung des Herbizideinsatzes. Auf Mais-, Soja- und Baumwollfeldern, v.a. in den Hauptanbaugebieten in Nord- und Südamerika, steigt der Verbrauch insbesondere von Glyphosat, Glufosinat, 2,4-D oder Dicamba seitdem deutlich an. Eine wesentliche Ursache dafür ist die Ausbreitung herbizidresistenter Unkräuter, vor allem gegenüber Glyphosat, durch dessen regelmäßigen Einsatz ein erheblicher Anpassungsdruck auf Wildpflanzen ausgeübt wird.

Prognosen, die schon frühzeitig vor dem Auftreten herbizidresistenter Unkräuter warnten, wurden schnell Realität. In der Datenbank ‚Weedscience‘ (https://weedscience.org) gibt es aktuell weltweit rund 60 gegen Glyphosat resistente Unkrautarten. Die meisten stehen in Verbindung mit dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen. Diese Unkräuter können mit Glyphosat entweder gar nicht mehr oder nur noch mit sehr hohen Dosierungen bekämpft werden. Inzwischen sind in den USA ca. 60 bis 80 Prozent der mit Mais, Soja oder Baumwolle bewirtschafteten Flächen von glyphosatresistenten Unkräutern betroffen.

Um diese Probleme zu lösen, wurden neue transgene Pflanzen mit Mehrfachresistenzen gegen unterschiedliche Herbizide (sog. ‚Stacked Events‘) entwickelt. So wurde die Verwendung von zusätzlichen Herbiziden im Anbau möglich, wodurch der Einsatz von Pestiziden insgesamt anstieg. Außerdem wird dadurch die Entwicklung von mehrfach resistenten Unkräutern gefördert, von denen einige mittlerweile gegen bis zu sieben verschiedene Wirkstoffe resistent sind. Die daraus resultierenden wirtschaftlichen und ökologischen Schäden sind erheblich.

Neben dem zunehmenden Anpassungsdruck auf Unkräuter beeinflusst die Gentechnik weitere Faktoren, die Auswirkungen auf die eingesetzte Menge an Pestiziden haben können. Dazu gehören größere Anbauflächen, fehlende Fruchtfolgen, abnehmende Diversifizierung der angebauten Kulturen und steigende Abhängigkeiten von großen Konzernen aus dem Bereich der Agrochemie.

Konsequenzen
Die anfangs prognostizierten positiven Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit sind also nicht eingetreten. Vielmehr hat der Anbau von herbizidresistenten Gentechnik-Pflanzen in vielen Regionen zu einer zunehmenden Belastung der Umwelt mit bestimmten Giftstoffen und dadurch zu einer Destabilisierung der betroffenen Agro-Ökosysteme beigetragen. Es besteht außerdem die Gefahr, dass die daraus resultierenden Futter- und Lebensmittel mit einem Cocktail von Herbizidrückständen belastet sind.

Die Erfahrungen mit diesen Pflanzen der ‚alten‘ Gentechnik müssen dazu führen, dass auch die Versprechungen und Erwartungen im Hinblick auf die Neue Gentechnik kritisch hinterfragt und vorausschauend beurteilt werden. Es handelt sich auch hier in vielen Fällen um Werbeaussagen der Gentechnikindustrie, die langfristige Folgen ausblenden und vor allem an zu erwartenden Profiten ausgerichtet sind. Der Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen kann kein Ersatz für eine Landwirtschaftspolitik sein, die z.B. auf den Erkenntnissen der Agrarökologie aufbaut und die Vielfalt auf dem Acker fördert. Im Gegenteil: es steht zu befürchten, dass durch die Gentechnik und deren Einbettung in industrielle Landwirtschaftssysteme falsche Anbaumethoden aufrechterhalten und sogar noch stärker ausgeweitet werden.

Weitere Informationen:
TA Bericht

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