CRISPR-Zebrafische

Auch unbeabsichtigte Veränderungen können sehr spezifisch sein

Neben den beabsichtigten Veränderungen an der Zielsequenz können durch die Verfahren der Neuen Gentechnik auch unbeabsichtigte Veränderungen im Erbgut ausgelöst werden, die natürlicherweise oder beim Einsatz der konventionellen Zucht nicht zu erwarten sind.

Dabei können sich der Ort der Genveränderung und das Muster der genetischen Veränderungen (die resultierenden Genotypen) deutlich von dem unterscheiden, was sonst zu erwarten ist. Dies zeigt unter anderem die Forschung an Zebrafischen.

Bevor diese Forschungsergebnisse publiziert wurden, war bereits bekannt, dass an Off-Target- und On-Target-Bereichen kleine Veränderungen wie Punktmutationen oder kurze Insertionen und Deletionen auftreten können. Bei Studien an Mäusen und menschlichen Zelllinien wurden an On-Target-Bereichen zusätzlich auch noch größere strukturelle Veränderungen gefunden. Beispielsweise wurden dabei große Bereiche der DNA-Sequenz gelöscht oder neu eingefügt. Allerdings war unklar, ob solche großen strukturellen Veränderungen, wie sie an On-Target-Bereichen beschrieben wurden, auch an Off-Target-Bereichen auftreten können. Das wurde in einer Studie an Zebrafischen genauer untersucht.

Das Erbgut der Zebrafische wurde an verschiedenen Stellen mit der Gen-Schere CRISPR/Cas verändert. Dafür verwendeten die WissenschaftlerInnen CRISPR/Cas Gen-Scheren, die Schnitte an Off-Target-Bereichen begünstigen. Es zeigte sich, dass so sowohl kleine Veränderungen wie Punktmutationen als auch größere Veränderungen der DNA-Sequenz bewirkt wurden. An einem Off-Target-Bereich wurden beispielsweise gleich 903 Basenpaare (das sind die Buchstaben der DNA) gelöscht und damit ein großer Teil eines Gens, das gar nicht verändert werden sollte.

Laut der Studie fanden sich viele der ungewollten genetischen Veränderungen auch in der nachfolgenden Generation. Überraschenderweise waren bei manchen Fischen aber nicht alle Körpergewebe betroffen. Zudem traten Abweichungen von den Vererbungsregeln auf: Zum Teil wurden die Gendefekte reinerbig (homozygot), zum Teil gemischterbig (heterozygot) vererbt, ohne dass die Gründe dafür erkennbar waren.

Zebrafische dienen WissenschaftlerInnen als Modellorganismen in der Grundlagenforschung, um ganz grundlegende Mechanismen zu untersuchen. Diese Fische sollen nicht vermarktet werden. Die Erkenntnisse aus solchen Untersuchungen können jedoch auf andere Zielorganismen übertragen werden sowie bei Fragen der Risikobewertung relevant sein. Von ähnlichen Effekten wurde auch bereits bei genomeditierten Reispflanzen berichtet.

Dieses Beispiel aus der Grundlagenforschung zeigt: Die neuen Gentechnikverfahren sind fehleranfällig und können vielfältige unbeabsichtigte Veränderungen bewirken. Diese können ein spezifisches Risikopotential aufweisen. Die Unterschiede zwischen den Verfahren der NGT und konventioneller Züchtung sind leicht zu übersehen, können aber schwerwiegende Konsequenzen haben. Werden unbeabsichtigte Veränderungen des Erbgutes übersehen, können sie sich rasch in großen Populationen ausbreiten.

Veröffentlichungsjahr: 
2022

Weitere Informationen: 
Publikation zu den CRISPR-Zebrafischen
Weitere Informationen über die Risiken der Genschere

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