Weizenkörner ohne Keim

Veränderte Backqualität der Körner schwächt Wuchs der Pflanzen

In England wird an Gentechnik-Weizen geforscht, der beim Backen weniger Acrylamid bilden soll. Dieser Stoff wird verdächtigt, Krebs auszulösen. Mithilfe der Gen-Schere CRISPR/Cas wurde ein bestimmtes Gen ausgeschaltet, das für die Bildung der Aminosäure Asparagin und letztlich auch von Acrylamid beim Backen ausschlaggebend ist. Asparagin ist aber auch für die Keimfähigkeit, das Wachstum der Pflanzen, ihre Stresstoleranz und die Abwehr von Pflanzenkrankheiten wichtig.

Mithilfe der Gen-Schere CRISPR/Cas gelang es, den Gehalt an frei verfügbarem Asparagin in den Körnern um bis zu 90 Prozent zu vermindern. Dafür wurde die Funktion von mehreren Kopien (Allele) eines Gens (TaASN2-Gen) blockiert. Allerdings waren viele Samen dieses CRISPR-Weizens nicht mehr keimfähig oder im Wuchs geschwächt.

Außerdem zeigt der gentechnisch veränderte Weizen unerwartete Eigenschaften: So wurde die Konzentration gleich mehrerer Aminosäuren ungewollt verändert. Auch der Gehalt an Asparagin zeigte deutliche Schwankungen. Ob weitere unerwünschte Veränderungen im Stoffwechsel der Pflanzen verursacht wurden, muss noch genauer erforscht werden.

Im Februar 2023 wurden erste Ergebnisse von Freisetzungsversuchen vorgestellt. Demnach konnte der Gehalt an Acrylamid in Backwaren gesenkt werden. Auffällig war aber, dass der Weizen kleinere Körner bildete. Auch war der Gehalt an Asparagin teilweise höher als bei den im Gewächshaus getesteten Varianten. Zum Vergleich wurden auch Weizenpflanzen mit reduziertem Asparagin-Gehalt angebaut, die per Zufallsmutagenese gezüchtet wurden, aber eine geringere Ausprägung der beabsichtigten Veränderungen zeigen. Da wichtige Daten fehlen, ist es unklar, inwieweit diese Vergleiche tatsächlich aussagekräftig sind. Die Versuche sollen fortgesetzt werden. Der Inhalt der Veröffentlichung zeigt auch das Interesse der beteiligten Institutionen, Einfluss auf die Regulierung der Neuen Gentechnik zu nehmen.

Dieses Beispiel zeigt: Mit der Neuen Gentechnik können bei Pflanzen und Tieren extreme Eigenschaften erzeugt werden, die über das hinausgehen, was mit konventioneller Zucht erreicht wird. Dabei können unbeabsichtigte Neben- und Wechselwirkungen im komplexen Netzwerk der Gene, Proteine und anderer biologisch aktiver Moleküle auch dann eintreten, wenn der Eingriff ins Erbgut gezielt und präzise ist. Zwar haben Verfahren der NGTs ein großes Potential für Veränderungen des Erbguts von Nutzpflanzen, aber es ist nicht einfach, dieses Potential in tatsächliche Vorteile umzusetzen. Unbeabsichtigte Effekte, die durch die Verfahren der Neuen Gentechnik verursacht werden, müssen in jedem Fall eingehend untersucht werden.

Veröffentlichungsjahr: 
2023

Weitere Informationen: 
Publikation zum CRISPR-Weizen
Publikation zu den Feldversuchen mit dem CRISPR-Weizen

This site is registered on wpml.org as a development site. Switch to a production site key to remove this banner.