EU-Zulassungen für gentechnisch veränderte Pflanzen vor Gericht
Testbiotech klagt gegen die EU-Kommission
5. November 2021 / Testbiotech lässt zwei aktuelle Zulassungen für Gentechnik-Soja und -Mais vor Gericht überprüfen und hat deswegen im September 2021 gegen die EU-Kommission geklagt. Die beiden Klagen wurden jetzt vom Gericht der Europäischen Union akzeptiert (T-605/21 und T-606/21). Nach Einschätzung von Testbiotech wurden die Risiken dieser Gentechnik-Pflanzen der Firma Bayer nicht so geprüft, wie dies gesetzlich vorgeschrieben ist.
Es handelt sich um Mais (MON 87427 x MON 87460 x MON 89034 x MIR162 x NK603) und Soja (MON87751 x MON87701 x MON87708 x MON89788), die aus mehreren Kreuzungen gentechnisch veränderter Pflanzen hervorgegangen sind (sie werden deswegen auch als ‚stacked‘ bezeichnet). Im Ergebnis sind die Pflanzen resistent gegenüber Pflanzengiften wie Glyphosat und produzieren zusätzlich verschiedene Insektengifte.
Der Import der Pflanzen und ihre Verwendung in Lebens- und Futtermitteln war von der Kommission im Januar 2021 genehmigt worden. Diese Entscheidung wurde getroffen, obwohl bereits Ende letzten Jahres sich das EU-Parlament gegen die Zulassungen ausgesprochen hatte. Im März 2021 hatte Testbiotech einen Antrag auf Überprüfung gestellt. Dieser Antrag wurde von der EU-Kommission zurückgewiesen. Dabei wurde die Zulassungsprüfung als reine Formsache behandelt.
Ein Bericht von Testbiotech, der Anfang des Jahres veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA, die für die Prüfung gentechnisch veränderter Pflanzen zuständig ist, viele Risiken gezielt ausblendet. Im Ergebnis hat die Sicherheit der Lebens- und Futtermittel seit dem Einzug der Gentechnik insgesamt abgenommen, ohne dass dieses Problem offiziell angesprochen wird.
Doch die EU-Gesetze legen hohe Maßstäbe an, um den Schutz von Umwelt und VerbraucherInnen zu gewährleisten. Mit den Klagen will Testbiotech jetzt nicht nur die einzelnen Zulassungen überprüfen lassen, sondern darüber hinaus verhindern, dass die Standards der EU-Risikoprüfung weiter ausgehöhlt werden. Es dürfte ein bei zwei Jahre dauern, bis das Gericht sein Urteil verkündet.
Begründung für den Einspruch gegen die Zulassungen
Die EU-Kommission hat einen Antrag von Testbiotech auf Überprüfung dreier EU-Zulassungen zurückgewiesen. Der Import der Pflanzen und ihre Verwendung in Lebens- und Futtermitteln wurden von der Kommission im Januar 2021 genehmigt. Es handelt sich um transgene Mais und Soja, die u.a. Insektengifte produzieren und gegen Herbizide wie Glyphosat resistent gemacht wurden. Testbiotech hatte im März einen Antrag auf eine Überprüfung der Entscheidung gestellt, weil die Risikoprüfung der Pflanzen nicht den gesetzlichen Bedingungen entspricht. Bereits Ende letzten Jahres hatte sich auch das EU-Parlament gegen die Zulassungen ausgesprochen.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen der EU ist es erforderlich, dass Freilandversuche für die Risikoprüfung unter realistischen Bedingungen durchgeführt werden. Doch das war offensichtlich nicht der Fall. Ein Beispiel: In einem Gentechnik-Mais der Firma Bayer (MON 87427 x MON 87460 x MON 89034 x MIR162 x NK603) wurden durch wiederholte Kreuzungen verschiedene Eigenschaften kombiniert. Im Ergebnis soll der Mais resistent gegen Herbizide sein, Insektengifte produzieren und auch eine verbesserte Trockenheitstoleranz aufweisen.
Doch wie eine detaillierte Prüfung der Antragsunterlagen zeigt, wurden der Mais und die Wechselwirkungen der neu kombinierten Eigenschaften nie unter entsprechenden Klima-Bedingungen getestet. In den Freisetzungsversuchen wurden die Felder stattdessen bei Bedarf bewässert. Zudem wurden beim Anbau der Pflanzen nur rund 900 Gramm Glyphosat pro Hektar eingesetzt und nicht über drei Kilogramm, wie dies in der Praxis vielerorts die Regel ist.
Während Testbiotech im Detail gezeigt hat, dass die gesetzlichen Bestimmungen nicht eingehalten wurden, verweist die Kommission lediglich auf Einschätzungen der EFSA, ohne die zugrundeliegenden Fakten zu prüfen. Im Ergebnis wird die Zulassungsprüfung wie eine reine Formsache behandelt. Dabei legen die EU-Gesetze hohe Maßstäbe an, um den Schutz von Umwelt und VerbraucherInnen zu gewährleisten. Testbiotech prüft jetzt eine Klage vor Gericht, um zu verhindern, dass die Standards der Risikoprüfung immer weiter ausgehöhlt werden.
Die Anträge von Testbiotech
Die Antwort der EFSA
https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.2903/sp.efsa.2021.EN-6590
Die Antwort der EU-Kommission
Pressemitteilungen:
- EU-Kommission erteilt acht Genehmigungen für Import von Gentechnik-Pflanzen
- Die Risiken von Gentechnik-Pflanzen: Ein Blick auf die dunkle Seite des Mondes
Testbiotech-Bericht über Mängel der Gentechnik-Risikobewertung in der EU
Kontakt: Christoph Then, Tel: 0151 54638040, info@testbiotech.de