Erwartungen
Mit der Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen ging die Hoffnung einher, Produkte mit verbesserten Eigenschaften wie beispielsweise höherem Nährstoffgehalt, besserer Lagerfähigkeit oder optimierten Qualitätsmerkmalen auf den Markt bringen zu können. Das bekannteste Beispiel für transgene Pflanzen, deren Verzehr mit gesundheitlichen Vorteilen verbunden sein soll, ist der sogenannte ‚Goldene Reis‘. Dieser soll einen erhöhten Gehalt an β-Carotin, einer Vorstufe von Vitamin A, in den Reiskörnern aufweisen und so zur Bekämpfung von Vitamin-A-Mangelerscheinungen eingesetzt werden, die in vielen Entwicklungsländern ein ernsthaftes Problem darstellen.
Realität
Obwohl der Gentechnik-Reis schon seit fast 25 Jahren in der Entwicklung ist, fehlen nach wie vor wesentliche Daten zur Nahrungsmittelqualität und -sicherheit. Der Reis wurde 2022 zum ersten Mal auf den Philippinen geerntet. Mit dieser Ernte sollen jetzt weitere Untersuchungen bezüglich seines tatsächlichen Nutzens durchgeführt werden. Tatsächlich gibt es hier viele Fragezeichen: Die vorliegenden Daten aus Zulassungsanträgen zeigen niedrige β-Carotin-Gehalte, zudem sind hohe Verluste durch Lagerung und Kochen zu erwarten. Wissenschaftliche Publikationen bestätigen zudem sehr unterschiedliche Carotingehalte, die u.a. von den jeweiligen Sorten (bzw. deren genetischem Hintergrund) abhängen. Ob diese Pflanzen tatsächlich einen wesentlichen Nutzen für die VerbraucherInnen haben können, scheint vor diesem Hintergrund fraglich.
Aus ökologischer und sozio-ökonomischer Sicht wäre eine Kontamination anderer Felder mit dem Gentechnik-Reis auf den Philippinen zudem ein ganz besonderes Problem, da hier eines der wichtigsten Zentren der biologischen Vielfalt von Reis liegt. Unter diesen Bedingungen bedeutet der Anbau eine erhebliche Gefahr für den Erhalt der Biodiversität und der regionalen Sorten. Die Gentechnik-Pflanzen könnten ihre Gene u.a. an Wildformen weitergeben. Über verwilderten Unkrautreis, der entlang der Felder weit verbreitet ist, können die Transgene dann auch zurück auf die Felder und in gentechnikfreien Reis gelangen. Große Probleme mit Kontamination durch Gentechnik-Reis gab es in der Vergangenheit bereits in den USA und China, obwohl dieser dort nur in Feldversuchen getestet, aber nicht auf großen Flächen angebaut wurde.
Konsequenzen
Trotz des Widerstands der philippinischen Bevölkerung, Lücken in Genehmigungsverfahren, ungeklärter Risiken für Umwelt und Gesundheit und lokal bereits verfügbaren Feldfrüchten mit ausreichendem Vitamin-A-Gehalt, wird dieser Reis nun angebaut und in die Nahrungsmittelsysteme eingeführt. Vor diesem Hintergrund entsteht der Eindruck, dass das vermeintliche Vorzeigeprojekt ‚Goldener Reis‘ insgesamt eher eine Kampagne darstellt, mit der gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln zum Durchbruch verholfen werden soll. Angesichts der vielen Unklarheiten, u.a. in Bezug auf die Inhaltsstoffe, die genetische Stabilität und die gesundheitlichen Auswirkungen, erscheint der tatsächliche Nutzen – im Gegensatz zu den vehement vorgetragenen Behauptungen der verantwortlichen Interessenverbände– aber sehr gering zu sein.
Eine Abwägung der tatsächliche zu erwartenden Vorteile von Gentechnik-Pflanzen und möglichen risikoärmeren Alternativen wäre hierbei die Aufgabe einer vorausschauenden Technikfolgenabschätzung, um in Zukunft schon frühzeitig eine Unterscheidung zwischen überzogenen Versprechungen und tatsächlichen, echten Vorteilen ermöglichen zu können.
Weitere Informationen:
TA Bericht
Stellungnahme zu ‚Goldenem Reis‘