Erwartungen
Mithilfe der Neuen Gentechnik (NGT) wird versucht, agronomische und gesundheitsrelevante Eigenschaften bei Tomatenpflanzen zu verändern. Deren Entwicklung soll zudem nur wenige Jahre in Anspruch nehmen. Dadurch wären Ergebnisse im Zeitraffer realisierbar, für die es mit konventionellen Verfahren mitunter jahrzehntelanger Züchtung bedarf bzw. mit diesen gar nicht möglich sind. Aufgrund der veränderten Inhaltsstoffe bzw. physiologischen Eigenschaften sollen diese NGT-Tomatenpflanzen besonders gesund und nachhaltig sein.
Realität
Inzwischen gibt es eine Reihe von Projekten, die eine Verbesserung von Tomatenpflanzen zum Ziel haben: Beispielsweise wurde in einer Wildform der Tomate mehrere Gene ausgeschaltet und so die Zahl, Größe und Form der Früchte, die Inhaltsstoffe und die Wuchsform verändert. Weil sich die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe dieser Tomaten jedoch so stark von handelsüblichen Tomaten unterscheidet, fordert die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA eine eingehende Risikobewertung dieser NGT-Pflanzen.
Bei anderen NGT-Tomaten werden Inhaltsstoffe in den Früchten angereichert, die als Vitamine wirken oder blutdrucksenkende Eigenschaften haben sollen. Eine der ersten NGT-Pflanzen auf dem Markt ist die GABA-Tomate, die in Japan als ‚Lifestyle‘-Produkt vermarktet wird. Dank eines erhöhten Gehalts an Gamma-Aminobuttersäure (GABA) soll sie eine blutdrucksenkende Wirkung haben. Die Tomate wurde allerdings vor ihrer Zulassung von den Behörden nicht auf ‚Risiken und Nebenwirkungen‘ getestet. GABA ist in Pflanzen an einer Vielzahl von Stoffwechselwegen beteiligt, weshalb ein derart veränderter GABA-Gehalt die Interaktionen mit der Umwelt, weitere Inhaltsstoffe der Früchte und deren Verträglichkeit beeinflussen kann.
Weitere Ziele der Neuen Gentechnik betreffen den Anbau und die Ernte der Tomaten. Beispiele für Produkte, die in den nächsten Jahren vermarktet werden könnten, sind die ‚Pflücktomate‘ (erleichterte Ernte), die ‚kleinwüchsige Buschtomate‘ (die besonders für ‚Urban Gardening‘ geeignet sein soll) oder auch die ‚Vitamin-D-Tomate‘ (erhöhter Gehalt an Vitamin-D).
Die Risiken dieser NGT-Tomaten betreffen sowohl die Interaktionen mit der Umwelt (wie z.B. Wechselwirkungen mit Bestäubern und Bodenorganismen), die Resistenz gegen Umweltstress, als auch die Nahrungsmittelsicherheit.
Konsequenzen
In Zukunft könnte eine Vielzahl von NGT-Tomaten angebaut und zum Verzehr angeboten werden. Sie könnten dann beispielsweise in Salaten gemischt werden, ohne zuvor auf eine etwaige Höchstdosis oder Kombinationswirkungen getestet worden zu sein. Bislang können verschiedene Tomatensorten z.B. in Tomatensalat beliebig miteinander gemischt oder mit anderen Lebensmitteln kombiniert werden. In Zukunft könnten beispielsweise NGT-Tomaten mit erhöhtem Vitamingehalt, die in Kombination mit anderen vitaminhaltigen Nahrungs- oder Nahrungsergänzungsmitteln verzehrt werden, zu Problemen führen. Auch Mischungen von Gentechnik-Tomaten, die beispielsweise einen höheren Gehalt an GABA, Vitamin D und anderen physiologisch aktiven Inhaltsstoffen haben, werfen – insbesondere in Bezug auf Langzeitwirkungen – neue Fragen hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit auf. Hinzu kommen weitere ungewollte Veränderungen in den Inhaltsstoffen der Früchte, die zum Teil so komplex sind, dass sie in ihrer Gesamtwirkung schwer einzuschätzen sind.
Selbst wenn einzelne Tomatensorten als sicher angesehen werden, können sich aus der Kombination ihrer Eigenschaften neue Unsicherheiten und Risiken ergeben. Daher ist auch in Zukunft eine verpflichtende Zulassungsprüfung notwendig, die sowohl eine Risikobewertung der einzelnen NGT-Tomaten als auch eine Untersuchung von möglichen Kombinationswirkungen und potentiellen Wechselwirkungen mit der Umwelt oder weiteren NGT-Organismen umfasst.
Weitere Informationen:
TA Bericht
Tomaten aus Neuer Gentechnik
Bericht RAGES