Monopolisierung der Züchtung durch Patentansprüche auf die biologische Vielfalt

Erwartungen
Der Züchtervorbehalt garantiert in Europa unter dem System des Sortenschutzes den freien Zugang zur biologischen Vielfalt und die züchterische Freiheit. In der Pflanzenzucht ermöglicht dieses Privileg die Verwendung aller vorhandenen Pflanzensorten für die Züchtung neuer Sorten. ZüchterInnen selektieren Pflanzen sowohl anhand von züchterischen Eigenschaften (Phänotyp) als auch nach Auswahl der genetischen Ausstattung (markergestützte Selektion). Für die konventionelle Züchtung ist der freie Zugang zu natürlichen genetischen Ressourcen daher unverzichtbar. Aber auch die Anwendung der Neuen Gentechnik (NGTs) in der Pflanzenzucht ist auf den Zugang zur natürlichen genetischen Vielfalt angewiesen, der für die ‚Programmierung‘ beispielsweise der Gen-Schere CRISPR/Cas benötigt wird. Dies betrifft sowohl die Zielorte im Genom der Pflanzen als auch das Einfügen von Genvarianten, die beispielsweise aus anderen Pflanzen stammen.

Realität
In Patentanträgen von Syngenta werden beispielsweise tausende von Genvarianten für die Züchtung von Ackerpflanzen wie Soja beansprucht, um die Widerstandskraft der Pflanzen gegenüber Krankheiten zu stärken. In den meisten Fällen wurden die jeweiligen Genvarianten in wilden Verwandten der gezüchteten Sorten entdeckt. Die Reichweite dieser Patente erstreckt sich auch auf die Verwendung dieser Genvarianten im Rahmen der konventionellen Zucht.

Derartige Patentanträge bedeuten für konventionelle ZüchterInnen erhebliche rechtliche Unsicherheiten. Es dürfte nahezu unmöglich sein herauszufinden, ob beispielsweise eine bestimmte Sojapflanze mit erhöhter Resistenz gegenüber dem asiatischen Soja-Rost einige der rund 5.000 Genvarianten in ihrem Erbgut trägt, die in der Patentanmeldung WO2021154632 von Syngenta aufgelistet sind. Werden diese Patente erteilt, können ZüchterInnen nicht mehr alle konventionell gezüchteten Sorten für die weitere Züchtung verwenden. Sie können nicht einmal auf wilde verwandte Arten für ihre Züchtung ausweichen, weil jegliche züchterische Verwendung der betroffenen Genvarianten durch Patente beansprucht wird. Im Ergebnis entsteht durch diese Praxis ein undurchdringliches Patente-Dickicht für ZüchterInnen.

Konsequenzen
Durch Patente wird eine Monopolstellung für die wirtschaftliche Verwertung der beanspruchten ‚Erfindungen‘ gewährt. Werden Patente auf spezielle genetische Varianten erteilt, können alle anderen ZüchterInnen von deren Nutzung für die Produktion und Vermarktung neuer Sorten ausgeschlossen oder durch Lizenzverträge abhängig gemacht werden. Durch die Anwendung der Neuen Gentechnik werden genetische Ressourcen patentierbar, weshalb sie ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist. Werden Patente auf spezielle Genvarianten und deren Verwendung erteilt, kann das auch die konventionellen ZüchterInnen behindern oder blockieren.

In Bezug auf das Patentrecht muss deswegen klargestellt werden, dass nur die technischen Verfahren, nicht aber konventionelle Züchtungen und zufällige genetische Veränderungen patentiert werden dürfen.

Weitere Informationen:
Patentbericht Neue Gentechnik
Patentbericht No Patents on Seeds

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