‚Monarch-Fliege‘

Wie Gentechnik den Erhalt natürlicher Arten gefährden kann

Wenn gentechnisch veränderte Organismen in der freien Umwelt überleben und sich fortpflanzen können, kann es manchen von ihnen gelingen, sich wie ‚Aliens‘ innerhalb natürlicher Populationen auszubreiten. Die betreffenden Organismen sind äußerlich nicht unbedingt auffällig. Bis das Problem bemerkt wird, kann es schon zu spät sein. Gentechnik gefährdet so den Erhalt der natürlichen Arten.

Um dies zu illustrieren, ein Beispiel: Ein Gen der Taufliege (Drosophila melanogaster) wurde mit der Gen-Schere CRISPR/Cas an ein ähnliches Gen des Monarchfalters (Danaus plexippus) angepasst. Durch die Veränderung von insgesamt nur vier Basenpaaren wurden die Taufliegen gegenüber Giften resistent, die von bestimmten Pflanzen gebildet werden. In der Folge können die Fliegen das Gift aufnehmen und so selbst giftig für ihre Fressfeinde werden. Eine massenhafte Freisetzung solcher Fliegen könnte schwerwiegende Konsequenzen für die Nahrungsnetze und die Ökosysteme haben. Taufliegen und ihre Larven dienen vor allem anderen Insekten, aber auch Amphibien als Nahrung.

Letztlich waren nur geringfügige Veränderungen notwendig, die allerdings in Kombination auftreten müssen und nur dann die erwünschte Resistenz gegen das Gift bewirken. Das liegt daran, dass das betroffene Gen an mehreren biologischen Prozessen beteiligt ist, es zeigt sogenannte ‚pleiotrope‘ Wirkungen. Erst als die Kombination der genetischen Veränderungen in ihrer Gesamtheit ‚optimiert‘ wurde, zeigten die Fliegen sowohl normale Vitalität als auch zusätzlich die Resistenz gegen das Gift der Pflanzen. Das Beispiel der ‚Monarch-Fliege‘ zeigt, dass es nicht auf die Anzahl der genetischen Veränderungen oder deren Umfang ankommt, sondern auf das spezifische Muster der genetischen Veränderung und die dadurch bedingte Kombination der genetischen Information.

Sollten sich entsprechende Kombinationen bei der Taufliege tatsächlich spontan ereignen, ist keineswegs gesagt, dass sich diese Eigenschaften auch in den Populationen ausbreiten würden. Dazu müssten aus einzelnen Individuen große, stabile Populationen entstehen können. Und würden sich die neuen Genkombinationen durchsetzen, würde dies wohl lange Zeiträume in Anspruch nehmen, wodurch sich auch die Ökosysteme anpassen könnten. Dagegen könnte mithilfe der Neuen Gentechnik innerhalb kurzer Zeiträume eine große Anzahl von Taufliegen mit den neuen genetischen Eigenschaften in die Umwelt entlassen werden und so die Anpassungsfähigkeit der Ökosysteme überfordern.

Dieses Beispiel zeigt: Geringfügige Veränderungen an einem einzelnen Gen können erhebliche Auswirkungen auf die Natur haben, auch wenn keine zusätzlichen Gene in das Erbgut eingefügt wurden. Die hier erzielte Genkombination könnte theoretisch auch durch die Evolution erreicht werden. Allerdings wären lange Zeiträume nötig und ökologische Anpassungsprozesse möglich, bis größere Populationen mit diesen Genvarianten entstehen könnten. Würden hingegen die gentechnisch veränderten Fliegen in großer Anzahl und innerhalb kurzer Zeiträume freigesetzt, wären sie eine Gefahr für die biologische Vielfalt und die Ziele des Artenschutzes.

 

 

Publication year: 
2020