EU-Zulassungen: Neue Hinweise auf Nebenwirkungen von Bt-Toxinen

EU-Kommission fordert EFSA zu Überprüfung auf

22. Dezember 2022 / Neue Veröffentlichungen weisen darauf hin, dass sogenannte Bt-Toxine bislang unbekannte Nebenwirkungen hervorrufen. Viele der derzeit zugelassenen transgenen Pflanzen produzieren Bt-Toxine als Insektengifte. Mehr als 50 solcher Pflanzen dürfen auch in die EU importiert und zu Lebens- und Futtermitteln verarbeitet werden. Die Toxine sollen nur für bestimmte Schädlinge giftig sein und keine unbeabsichtigten Effekte aufweisen. Doch aktuelle Erkenntnisse lassen diese Annahmen fraglich erscheinen. Darauf hat Testbiotech die EU-Kommission in jüngsten Stellungnahmen zu EU-Zulassungen aufmerksam gemacht. Die Kommission hat in einem Fall bereits reagiert und die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) aufgefordert, eine erneute Prüfung vorzunehmen.

Dabei geht es um den gentechnisch veränderten Mais MIR162, der ein bestimmtes Bt-Toxin (Vip3) produziert. Ein kürzlich erteiltes Patent der Firma Syngenta (EP 3632202 B1) zeigt, dass es bei diesem zu unerwarteten Nebeneffekten kommen kann. Im Patent werden Gentechnik-Pflanzen beansprucht, die aufgrund dieses Nebeneffekts eine verringerte männliche Fruchtbarkeit aufweisen und so besonders geeignet für die Hybridzüchtung sind. Die Hintergründe für diese unerwartete Eigenschaft und mögliche weitere Auswirkungen auf den Pflanzen-Stoffwechsel bleiben dabei ungeklärt und wurden bislang im Rahmen von Zulassungsverfahren nicht überprüft.

Erst vor kurzem hatte die EFSA den betroffenen Gentechnik-Mais MIR162 der Firma Syngenta erneut für unbedenklich erklärt. Obwohl zu diesem Zeitpunkt der Patentantrag von Syngenta bereits vorlag, hat der chinesisch-schweizerische Konzern diese sicherheitsrelevanten Daten der EFSA nicht gemeldet. Nach einem Hinweis von Testbiotech hat die EU-Kommission die EFSA deswegen jetzt dazu aufgefordert, alle in der EU zugelassenen Gentechnik-Pflanzen, die Vip3 produzieren, nochmals auf ihre Sicherheit zu überprüfen. Insgesamt sind davon acht Zulassungen betroffen. Die EFSA hat Syngenta und anderen Konzernen mittlerweile einen Fragenkatalog vorgelegt.

Auch die Sicherheit einer anderen Gruppe von Bt-Toxinen, die als Cry1A bezeichnet werden, erscheint nach neuen Erkenntnissen fraglich. Cry1A-Toxine findet sich z.B. auch in der einzigen in der EU zum Anbau zugelassenen Gentechnik-Pflanze, dem Mais MON 810 der Firma Monsanto (Bayer). Laut einer noch nicht offiziell publizierten Studie von französischen ForscherInnen, die in staatlichem Auftrag durchgeführt wurde, steht Cry1A im Verdacht, „Nichtzielorganismen“ durch einen bisher unbekannten Mechanismus zu schädigen. Entsprechende Untersuchungen wurden an Taufliegen (Drosophila) durchgeführt, die als wichtige Modellorganismen gelten. Obwohl die Taufliegen gegenüber den Toxinen nicht empfindlich sein sollten, zeigte sich, dass die Aufnahme der Gifte das Absterben von Darmzellen auslösen kann. In der Folge kam es zu einer Störung bei der Bildung neuer Zellen: Anstelle der ‚normalen‘ Darmzellen wuchsen vermehrt hormonbildende (enteroendokrine) Zellen. Diese sind bei Mensch und Tier u.a. an der Regulierung vieler physiologischer Funktionen wie Appetit, Stoffwechsel und Immunantwort beteiligt.

Laut den WissenschaftlerInnen könnten die Funktionalität und Hormonaktivität des Darms durch Cry1A-Toxine auch bei anderen Arten gestört werden, da der beschriebene Mechanismus der Neubildung von Darmzellen bei allen Tierarten vorkomme. Deswegen ergebe sich deswegen weiterer Forschungsbedarf, der auch gentechnisch veränderte Bt-Pflanzen betreffe.

Die EFSA geht in ihrer Risikobewertung von Bt-Toxinen bislang davon aus, dass diese im Magen-Darm-Trakt von Säugetieren nicht wirksam sein können, weil es hier, anders als im Darm bestimmter Insektenarten, keine Rezeptoren mit hoher Spezifität für diese Proteine vorhanden sind. Die Behörde ignoriert dabei die Existenz weiterer Mechanismen und Prozesse, die Bt-Toxine in so genannten „Nichtzielorganismen“ biologisch aktiv machen und auch zu Schäden führen können. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass die Giftigkeit der von den Pflanzen gebildeten Toxine wesentlich höher ist, als bei diejenigen, die ursprünglich in der Natur vorkommen. Testbiotech fordert daher von der EU-Kommission, die bisherigen Annahmen über die Sicherheit von Bt-Pflanzen gründlich überprüfen zu lassen.

Kontakt:
Christoph Then, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.org

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