Bundesregierung fördert den Einsatz von Gentechnik in der Tier- und Pflanzenzucht

Risikoforschung bleibt weitgehend außen vor
Donnerstag, 7. March 2019

Eine kleine Anfrage der Grünen im Deutschen Bundestag zeigt, dass die Bundesregierung den Einsatz von Gentechnik bei Pflanzen und Tieren intensiv fördert. Darunter sind Projekte zur gentechnischen Manipulation von Schweinen und Hühnern, von Waldbäumen, Apfelbäumen, Tomaten und von Ackerpflanzen wie Weizen, Braugerste, Kartoffeln, Zuckerrüben, Bohnen, Mais, Soja, Reis und Sonnenblumen. Dabei spielt der Einsatz der Gen-Schere CRISPR-Cas eine zentrale Rolle. Die Ziele reichen von der Weiterentwicklung von Methoden über Ertragssteigerung und Resistenzen gegen Krankheiten bis hin zur gentechnischen Kastration von Ferkeln.

„Wir sehen hier ein grundlegendes Problem: Viele dieser Projekte sind gesellschaftlich nicht ausreichend legitimiert. Angesichts der breiten Ablehnung der Bevölkerung gegenüber dem Einsatz der Gentechnik müssten bei der Vergabe der Forschungsprojekte auch zivilgesellschaftliche Akteure eingebunden werden, die beispielsweise für den Schutz von Mensch, Tier, Umwelt und Natur eintreten“, kritisiert Christoph Then für Testbiotech.

Allein das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellt, laut der Antwort der Bundesregierung, im Zeitraum von 2012 bis 2020 über 30 Millionen Euro für Projekte zur Verfügung. Nutznießer sind u.a. Max-Planck-Institute und Universitäten, aber auch Firmen. Die in der Anfrage gelisteten Projekte des BMBF dienen der Anwendung und Entwicklung der Technologie, die Risikoforschung bleibt hier außen vor. Dazu kommen knapp 10 Millionen Euro von anderen Ministerien, der größte Anteil wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zur Verfügung gestellt. Bei der Auswertung der Zahlen hat Testbiotech nur die Projekte berücksichtigt, die der gentechnischen Veränderung von Pflanzen und Tieren dienen, die freigesetzt und / oder zur Nahrungsmittelerzeugung verwendet werden sollen. Allerdings ist die Zielsetzung der Projekte nicht immer eindeutig erkennbar.

Förderung derartiger Projekte gibt es auch auf weiteren Ebenen: So wurde ein Verbund der Universitäten Düsseldorf und Köln mit dem Titel Cluster of Excellence on Plant Sciences (CEPLAS), in dessen Rahmen Genome Editing an Pflanzen einen Schwerpunkt bildet, von 2012 bis 2018 mit über 30 Millionen Euro gefördert. Laut Unterlagen, die Testbiotech vorliegen, rechnet CEPLAS bis 2025 mit einem Fördervolumen von weiteren 41 Millionen. Daraus ergibt sich ein Fördervolumen von über 100 Millionen für aktuelle Projekte zur gentechnischen Veränderung von Pflanzen und Tieren, die freigesetzt und oft auch zur Nahrungsmittelerzeugung dienen sollen.

Weitere öffentliche Mittel in diesem Bereich fließen u.a. über die Deutsche Forschungs­gemeinschaft (DFG), die zu großen Teilen vom BMBF gestellt werden, sowie aus den Forschungsprogrammen der EU. Insgesamt dürfte die Förderung ein Vielfaches dessen ausmachen, was in der Antwort auf die Kleine Anfrage aufgelistet wird.

„Es ist offensichtlich, dass viele maßgebliche Forschungseinrichtungen wie Max-Planck-Institute und Universitäten von den Forschungsprogrammen und daraus resultierenden Anwendungen profitieren: Hier werden Lehrstühle und Karrieren zu eben diesen Themen finanziert, vielfach auch Patente auf die Forschungsergebnisse angemeldet. Doch neben Produkt- und Technologieentwicklung gibt es nur sehr wenige Forschungsprojekte zur Erforschung der Risiken. Darunter leidet auch die öffentliche Debatte und die politische Entscheidungsfindung“, sagt Christoph Then. „Um den Einsatz von Risikotechnologien wie der Gentechnik steuern zu können, sind wir auf eine breit angelegte Forschung aus der Perspektive des Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutzes angewiesen. Ohne umfassende Forschungsprogramme zu den Schutzzielen ist der Einsatz der Gentechnik nicht zu verantworten.“

Aus den vorliegenden Antworten geht auch hervor, dass es generell noch Forschungsbedarf gibt. So stellt die Bundesregierung klar, dass die Risiken der mit den neuen Gentechnikverfahren manipulierten Pflanzen von den erwarteten und unerwarteten Effekten und den Interaktionen mit der Umwelt abhängen. Auch befassen sich Behörden des BMEL und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) bereits mit bestimmten Fragen der Begleitforschung. Testbiotech ist an zwei kleinen Projekten beteiligt, die vom BMBF und dem BMU finanziert werden. Doch nach Ansicht von Testbiotech müssten die staatlichen Förderprogramme viel systematischer darauf angelegt werden, dem Schutz von Mensch, Tier, Umwelt und Natur mehr Gewicht zu geben. Testbiotech fordert deswegen den systematischen Aufbau einer Risikoforschung, die von den Interessen der Entwickler und Anwender unabhängig ist und die Fragen von Umwelt-, Natur und Verbraucherschutz in das Zentrum stellt.

Kontakt: 

Christoph Then, Tel. 0151 54638040, info@testbiotech.org