Bienen mit ‚indirekter‘ Gentechnik

Patentanmeldung auf Gentechnik-Bakterien und Bienen

9. Juli 2020 / US-ForscherInnen haben ein Patent auf Gentechnik-Bakterien angemeldet, das auch die Bienen umfasst, in deren Darm sie siedeln. Die Bakterien sollen laut Patentschrift molekulare Botenstoffe produzieren, die über die Artgrenzen hinweg in die Genregulation eingreifen können. Auf diese Weise werden die Bienen sozusagen ‚indirekt‘ gentechnisch verändert: Die Moleküle sollen unter anderem das Verhalten der Bienen beeinflussen, um deren Effektivität beim Bestäuben zu erhöhen. Weitere Anwendungen betreffen die Abwehr von Parasiten wie Varroa-Milben oder den Abbau von Pestiziden im Körper der Bienen.

ForscherInnen der Universität Texas (Austin) haben das Erbgut von natürlicherweise im Darm von Bienen und Hummeln vorkommenden Bakterien so verändert, dass diese einen zusätzlichen Botenstoff (sogenannte doppelsträngige Ribonukleinsäure, dsRNS) produzieren. Dieser Stoff soll anschließend über den Darm aufgenommen werden, sich im Körper der Bienen verteilen und so bis in deren Gehirn gelangen. Laut einer US-Patentanmeldung (US 2019 / 0015528 A1), die auf diesen Forschungsergebnissen basiert, werden nicht nur die Bakterien, sondern auch die Bienen sowie alle anderen Insekten beansprucht, in deren Darm die Gentechnik-Bakterien zu finden sind.

Besonders problematisch: Falls Bienen mit diesen Mikroben freigesetzt würden, wäre nicht auszuschließen, dass sich die Bakterien auch bei anderen Bienenvölkern oder wilden Verwandten wie Hummeln einnisten. Die zusätzlichen Gene können auch auf andere Bakterienarten übertragen werden. Das wirft nicht nur Fragen nach der Reichweite des Patentes auf, sondern bedeutet auch unkalkulierbare Risiken für die Umwelt: Nach einer Freisetzung könnte die Ausbreitung der Organismen und ihrer Gene nicht wirksam begrenzt werden.

Bei den Darmbakterien, die gentechnisch verändert wurden, handelt es sich insbesondere um Snodgrassella alvi. Diese Mikroben wurden vor einigen Jahren entdeckt und kommen bei Honigbienen genauso wie bei Hummeln vor. Sie spielen eine wichtige Rolle für die Vitalität und die Immunabwehr der Bienen. Veränderungen von Snodgrasella alvi können Bienenpopulationen erheblich schwächen.

Das Patent ist ein aktuelles Beispiel für eine ganze Reihe von Projekten, die darauf abzielen, aus der gentechnischen Veränderung von Mikroorganismen ein neues Geschäftsfeld zu entwickeln – mit erheblichen Risiken für die Umwelt. Dabei erlangt die sogenannte ‚Paratransgenese‘ ein wachsende Bedeutung: Anstatt die Zielorganismen (wie Bienen) direkt zu manipulieren, verändert man die Mikroorganismen (wie Darmbakterien), die mit ihnen assoziiert sind. Diese können dann über Botenstoffe auch die Eigenschaften ihrer ‚Wirte‘ verändern. Diese komplexen Wechselwirkungen gehen mit einer neuen Dimension von Umweltrisiken einher.

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