GABA-Tomaten

durch Punktmutationen vom Nahrungs- zum Beruhigungsmittel?

In Japan wurde im Januar 2021 eine erste ‚CRISPR-Tomate‘ zum Verzehr freigegeben. In den Tomaten ist ein Inhaltsstoff (GABA) um ein Vielfaches höher als in Früchten aus konventioneller Züchtung. GABA (γ-Aminobuttersäure) kann die Übertragung bestimmter Reize im zentralen Nervensystem hemmen, weswegen es u.a. eine blutdrucksenkende Wirkung aufweist. Entsprechend werden die Früchte als modernes Lifestyle-Produkt angepriesen. Gleichzeitig übernimmt GABA viele verschiedene Funktionen in den Tomatenpflanzen: U.a. werden das Wachstum der Pflanzen, die Resistenz gegen Schädlinge und Pflanzenkrankheiten und viele weitere Stoffwechselfunktionen beeinflusst. Nach den vorliegenden Informationen wurden die Tomaten weder im Hinblick auf die behaupteten positiven Effekte noch in Bezug auf gesundheitliche Risiken eingehend untersucht.

Natürlicherweise steigt der Gehalt an GABA in Pflanzen u.a. bei Schädlingsbefall. Dagegen blieben Versuche, diesen mittels konventioneller Züchtung dauerhaft zu steigern, bislang erfolglos.

Angesichts der vielfältigen Funktionen von GABA ist anzunehmen, dass ein derartiger Eingriff ins Erbgut den Stoffwechsel der Tomaten auf verschiedenen Ebenen beeinflusst. Dies führt möglicherweise auch zu ungewollten gesundheitlichen Auswirkungen beim Verzehr der Früchte. Zudem können bei den Pflanzen veränderte Reaktionen auf Umwelteinflüsse auftreten, was wiederum auch Einfluss auf die Inhaltsstoffe der Früchte und deren Verträglichkeit haben kann.

Dieses Beispiel zeigt, dass der Einsatz der ‚Gen-Schere‘ CRISPR/Cas auch dann tiefgreifende Veränderungen ermöglicht, wenn keine zusätzlichen Gene eingefügt werden. Mit der Neuen Gentechnik können bei Pflanzen und Tieren extreme Eigenschaften erzeugt werden, die über das hinausgehen, was mit konventioneller Zucht erreicht wird. Dabei können unbeabsichtigte Neben- und Wechselwirkungen im komplexen Netzwerk der Gene, Proteine und anderer biologisch aktiver Moleküle auch dann eintreten, wenn der Eingriff ins Erbgut gezielt und präzise ist. Folglich müssen die Gentechnik-Pflanzen sehr genau untersucht werden, bevor ein Urteil über deren Sicherheit gefällt werden kann.

 

 

Publication year: 
2021