Gentechnik-Bäume

Mit Gentechnik in den Wald?

Mit Gentechnik gegen das Aussterben von Baumarten? In den USA sollen Esskastanienbäume (chestnut trees) durch Übertragung von Genen aus dem Weizen gegen bestimmte Pilzerkrankungen resistent gemacht werden. Zurzeit wird in den USA darüber diskutiert, ob diese Gentechnik-Bäume (die aus ‚alter Gentechnik‘ stammen) ohne weitere Auflagen zur Anpflanzung freigegeben werden sollen. Doch viele ExpertInnen warnen: Bäume können einige hundert Jahre alt werden und durchlaufen während dieser Zeit verschiedene Stadien von Wachstum, Blüte, Samenbildung und Alterung. Dabei können sich Effekte zeigen, die in den ersten Jahren nicht zu beobachten waren. Während dieser Zeit werden sie zudem vielfältigen Veränderungen ihrer Umwelt ausgesetzt sein, wie dem Klimawandel. Auch der dadurch ausgelöste Stress kann die Genregulierung und die biologischen Eigenschaften der Bäume verändern. Waldbäume stehen mit ihrer Umwelt vielfältig in Beziehung – u. a. über Wurzelpilze, Insekten, Wildtiere und andere Pflanzenarten. Bäume produzieren im Laufe ihres Lebens Millionen von Pollen oder Samen, die mit dem Wind kilometerweit transportiert werden können. Das künstlich veränderte Erbgut kann sich über Pollen, Samen und bei Pappeln auch über Sprösslinge in der Umwelt verbreiten. Gelangen die Gentechnik-Bäume in natürliche Populationen, können die Folgen kaum abgeschätzt werden.

Kurz gesagt, die Zeiträume, die im Rahmen einer Risikobewertung betrachtet werden müssten, sind zu lang und die möglichen Wechselwirkungen zu komplex. Es ist es keineswegs unwahrscheinlich, dass die Bäume oder ihre Nachkommen in Reaktion auf die unterschiedlichen Stressfaktoren Eigenschaften entwickeln, die ursprünglich, in der ersten Generation der Gentechnik-Bäume, nicht beobachtet wurden. So können die natürlichen Baumbestände geschwächt und die mit ihnen zusammenhängenden Ökosysteme gestört oder sogar zerstört werden.

GentechnikerInnen in China, den USA und Schweden arbeiten inzwischen trotzdem mit CRISPR-Verfahren (DNA-Scheren) auch an Waldbäumen. In Schweden wurden 2016 erste Freisetzungen derartig manipulierter Pappeln beantragt. Diese Bäume weisen eine ganze Reihe von gewollten Veränderungen in ihrem Erbgut auf: Blüte, Wachstum, Ausbildung von Ästen, Blättern und Wurzeln sind betroffen. Wirtschaftliche Ziele von Gentechnik an Bäumen sind u.a. beschleunigtes Wachstum und eine veränderte Holzqualität für die Holz- und Papierindustrie.

Dieses Beispiel zeigt: Die Freisetzung gentechnisch veränderter Bäume gefährdet das Ökosystem der Wälder, insbesondere wenn sie sich in der Umwelt ausbreiten können und ihre veränderten Gene in die natürlichen Populationen gelangen. Freisetzungen von Gentechnik-Bäumen, bei denen es zu einer unkontrollierten Ausbreitung kommen kann, dürfen aus der Perspektive des Vorsorgeprinzips nicht zugelassen werden.

 

 

Publication year: 
2020