Testbiotech legt heute, unterstützt von Corporate Europe Observatory (CEO), eine neue Beschwerde beim EU-Bürgerbeauftragten ein. Die Organisation bittet den Ombudsmann, den Fall von Harry Kuiper zu prüfen. Kuiper ist seit 2003 der Vorsitzende des Gentechnikausschusses der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA, der die Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen prüft. Zugleich hatte er enge Beziehungen zum International Life Sciences Institute (ILSI), das von der Lebensmittel- und Agrochemieindustrie finanziert wird. Er war Mitglied einer sogenannten Task Force von ILSI, die von einem Mitarbeiter der US-Firma Monsanto geleitet wurde. Andere Mitglieder der Gruppe waren Vertreter der Konzerne Bayer, Dow AgroSciences, Dupont und Syngenta. Sie alle produzieren gentechnisch veränderte Pflanzen.
Testbiotech hatte bereits 2010 festgestellt, dass die Arbeit der EFSA ganz wesentlich durch die Arbeit dieser Task Force beeinflusst wurde. „Wir wollen hier mehr Klarheit. Harry Kuiper war an jeder Stellungnahme zur Risikobewertung gentechnisch veränderter Pflanzen seit Gründung der EFSA beteiligt. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, ob Gesundheit und Umwelt in dieser Zeit wirklich so gut wie möglich geschützt wurden“, sagt Christoph Then von Testbiotech.
Nina Holland von Corporate Europe Observatory (CEO) wirft der EFSA vor, jahrelang versagt zu haben: „Hier liegt ein klarer Interessenskonflikt vor. Das wirft Fragen bezüglich der Entscheidungen auf, an denen Harry Kuiper maßgeblich beteiligt war. Wir wollen, dass der Ombudsmann hier für Aufklärung sorgt.“
In den letzten Wochen hat die EFSA eine Initiative zur Verbesserung ihrer Unabhängigkeit gestartet. Zudem wird Harry Kuiper in den nächsten Wochen wohl seinen Platz bei der EFSA räumen, weil seine Amtszeit abgelaufen ist. Testbiotech und CEO sind nicht davon überzeugt, dass das Problem damit gelöst ist. Es gibt weitere Experten, die enge Verbindungen zum ILSI haben und bei denen die EFSA nach wie vor nicht tätig geworden ist.
In einem anderen Fall hat der Europäische Bürgerbeauftragte einer Beschwerde von Testbiotech bereits stattgegeben. Dabei ging es um Suzy Renckens. Sie hatte die Gentechnikabteilung der EFSA geleitet und wechselte von dort direkt zur Gentechnikindustrie. Im Dezember 2011 veröffentlichte der Ombudsmann dazu eine Stellungnahme, in der es unter anderem heißt: „Die EFSA sollte zugeben, dass sie die relevanten Verfahrensregeln nicht beachtet hat.“ Es war ausgerechnet Suzy Renckens, die während ihrer Tätigkeit bei der EFSA mitverantwortlich dafür gewesen wäre, dass Interessenskonflikte bei der Risikobewertung gentechnisch veränderter Pflanzen verhindert werden.