Warum die Neue Gentechnik strikt reguliert werden muss

Neuer Bericht zu Fragen und Antworten rund um CRISPR & Co

22. Oktober 2020 / Testbiotech veröffentlicht heute einen neuen Bericht über die ‚Neue Gentechnik‘ und zeigt, warum diese strikt reguliert werden muss. Die Neue Gentechnik (NGT) – auch als ‚Genome Editing‘ bezeichnet – eröffnet Möglichkeiten, die über die herkömmliche Züchtung und die ‚alte‘ Gentechnik hinausgehen. Wichtigstes Werkzeug der NGT ist die ‚Gen-Schere‘ (Nuklease) CRISPR/Cas. Anders als physikalisch-chemische Mutagene, die in der konventionellen Züchtung genutzt werden, können Gen-Scheren direkt in die biologischen Mechanismen der Zelle eingreifen.

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen hier immer deutlicher die Unterschiede zwischen Neuer Gentechnik und konventioneller Züchtung: Im Laufe der Evolution haben sich Mechanismen entwickelt, die bestimmte Regionen im Erbgut vor zu häufigen Mutationen schützen können. Diese Mechanismen sind sozusagen ‚flexible Leitplanken‘ der Evolution, die auch in der konventionellen Züchtung wirksam sind. Diese schützen unter anderem Genregionen, die für das Überleben einer Art besonders wichtig sind. Die Neue Gentechnik ist dazu gemacht, diese Schutzmechanismen zu umgehen.

Insbesondere die Gen-Schere CRISPR/Cas macht so erstmals das gesamte Erbgut für technische Eingriffe und Veränderungen verfügbar. Auch Erbanlagen, die bisher durch Züchtung kaum beeinflussbar waren, können jetzt verändert werden.

Aufgrund ihres technischen Potentials kann die NGT auch dann tiefgreifende Veränderungen in den biologischen Eigenschaften von Organismen herbeiführen, wenn keine zusätzliche Gene eingefügt werden. Diese Veränderungen können weit über das hinausgehen, was Evolution und herkömmliche Züchtung hervorgebracht haben. Es ist offensichtlich, dass mit diesen Organismen auch spezifische Risiken verbunden sind.

Neben den beabsichtigten neuen Eigenschaften gibt es weitere Ursachen für Risiken von NGT-Organismen: Insbesondere beim Einsatz der Gen-Scheren treten unbeabsichtigte Effekte auf, die für die Neue Gentechnik spezifisch sind. Diese werden u.a. durch die mehrstufigen Verfahren des Genome Editing verursacht, die oft mit Methoden der ‚alten‘ Gentechnik kombiniert werden. Weitere Ursache sind unbeabsichtigte Veränderungen im Erbgut, die durch die eingesetzten Werkzeuge wie die Gen-Schere CRISPR/Cas ausgelöst werden. Deswegen muss die Risikoprüfung der Organismen immer vom jeweiligen Verfahren ausgehen.

Die Risiken, die mit der Freisetzung und der Verwendung dieser Gentechnik-Organismen in Lebensmitteln einhergehen, müssen in jedem Fall genau geprüft werden. Wird die NGT nicht strikt reguliert, droht innerhalb kurzer Zeiträume eine unkontrollierte und massenhafte Freisetzung von Organismen mit Eigenschaften, die nicht durch die Evolution angepasst wurden. Das stellt eine erhebliche Gefahr für die Ökosysteme, die Land- und Forstwirtschaft und die Lebensmittelherstellung dar.

Testbiotech warnt davor, dass ohne eine ausreichende Regulierung der Neuen Gentechnik

  • erhebliche Schäden an der biologischen Vielfalt wahrscheinlich sind;
  • sich bei der Produktion von Lebensmitteln unbemerkt Risiken einschleichen können;
  • es keine Möglichkeit gibt, ausreichend Daten zur Überprüfung der Risiken durch unabhängige ExpertInnen zu bekommen;
  • keine Maßnahmen gegen eine unkontrollierte Ausbreitung der Organismen ergriffen werden können;
  • es kaum Möglichkeiten zur Identifizierung und Rückverfolgung der Organismen sowie der aus ihnen hergestellten Produkte gibt;
  • die gentechnikfreie Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion nicht geschützt werden kann.

Kontakt:
Christoph Then, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.org

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