Es gibt erhebliche Interessenskonflikte bei der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA. Das deckt eine Recherche von Testbiotech auf, die heute bei einem Pressegespräch in München vorgestellt wurde. Der Leiter der Expertenrunde, die für die Risikobewertung gentechnisch veränderter Pflanzen zuständig ist, arbeitete jahrelang für eine Arbeitsgruppe des International Life Sciences Institut (ILSI). Diese Arbeitsgruppe wird von einem Mitarbeiter der Firma Monsanto geführt und ist ausschließlich mit Vertretern der Agrar-Konzerne besetzt. ILSI selbst gibt an, dass diese Arbeitsgruppe die Prüfstandards der EFSA für die Risikoabschätzung gentechnisch veränderter Pflanzen beeinflusste.
Belege für die Einflussnahme der Behörde durch ILSI finden sich in verschiedenen Dokumenten der Behörde. Beispielsweise verlangt die EFSA keine Fütterungsversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen, um gesundheitliche Risiken zu untersuchen. Das Dokument, mit dem die EFSA diese zweifelhafte Haltung begründet, ist zum Teil wortwörtlich aus einem Papier des ILSI übernommen.
„Unser Bericht beschreibt wohl nur die Spitze des Eisbergs: Es muss befürchtet werden, dass es zwischen Experten der EFSA und der Industrie eine langjährige und systematische Zusammenarbeit gibt, die es der Behörde unmöglich macht, ihre Aufgabe einer umfassenden Risikobewertung wahrzunehmen,“ sagt Christoph Then von Testbiotech.
Wie wichtig eine von der Industrie unabhängige Risikoforschung ist, zeigen zwei beim Pressegespräch vorgestellte Forschungsprojekte, die von Testbiotech unterstützt werden: Forscher der ETH Zürich führen Versuche mit gentechnisch verändertem Mais in Klimakammern durch und messen unter anderem die Reaktionen der Pflanzen auf Hitze und Trockenheit – extreme Wetterereignisse, wie sie durch den fortschreitenden Klimawandel häufiger zu erwarten sind. Untersucht wird gentechnisch veränderter Mais, der ein Insektengift produziert. „Derartige Untersuchungen sind für die Risikobewertung entscheidend. Wir müssen viel mehr darüber wissen, wie wechselnde Umweltbedingungen die Aktivität der zusätzlichen Genkonstrukte beeinflussen“, sagt die Versuchsleiterin Dr. Angelika Hilbeck von der ETH Zürich.
Ein weiteres Forschungsprojekt ist bereits abgeschlossen und soll demnächst wissenschaftlich publiziert werden: In einem gemeinsamen Versuch von mehreren Laboren wurden Verfahren zur Messung der Konzentration des Insektengiftes in gentechnisch verändertem Mais verglichen. Bisher kommen hier Methoden zum Einsatz, die zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Die jetzt durchgeführten Untersuchungen, an denen András Székács von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften beteiligt ist, sollen die Kontrolle des Giftgehaltes des gentechnisch verändertenMais erleichtern.
Testbiotech unterstützt die Projekte zusammen mit der Gesellschaft für ökologische Forschung, der Altner-Combecher Stiftung, der Stiftung GEKKO, der Manfred-Hermsen Stiftung und der Zukunftsstiftung Landwirtschaft.