Testbiotech veröffentlicht heute eine „Schwarze Liste“ europäischer Patente. Zusammen mit der Initiative „Kein Patent auf Leben!“ hat Testbiotech hierfür zehn umstrittene Patente recherchiert und bewertet, die seit 2009 vom Europäischen Patentamt erteilt worden sind. Darunter ist unter anderem eines, das sich auf Schimpansen bezieht, die in der Pharmaforschung eingesetzt werden sollen. Sie wurden gentechnisch so manipuliert, dass sie an Epilepsie erkranken (EP1852505). Außerdem gibt es Patente auf menschliches Sperma (EP1263521), auf Gene von Krebspatienten (EP1090117) so wie auf Gene von Spitzensportlern (EP1546403).
Diese Beispiele verdeutlichen, dass die ethischen Grenzen im Europäischen Patentrecht neu definiert werden müssen. Auch die Frage danach, was überhaupt eine Erfindung ist, muss auf den Prüfstand: „Das Europäische Patentrecht ist eine Fehlgeburt. Es wurde 1998 auf Betreiben der Industrie massiv verändert und auf den Bereich der belebten Natur ausgeweitet, ohne dabei ausreichend klare Grenzen zu ziehen. Jetzt sehen wir die Folgen: Tierversuche mit Menschenaffen werden zum Spekulationsobjekt, Gene von Menschen, Tieren und Pflanzen über das Patentrecht monopolisiert. Es geht hier nicht mehr um den Schutz von Erfindungen, sondern schlichtweg um Ausbeutung der belebten Natur“, sagt Christoph Then von Testbiotech.
In vielen Fällen ist die Einspruchsfrist am Patentamt bereits verstrichen und die Patente damit rechtskräftig. Im Falle eines Patentes auf menschliche Spermien (EP1263521), das im August 2011 erteilt wurde, will Testbiotech in den nächsten Monaten Widerspruch einlegen. Gegen ein ähnliches Patent auf die Verwendung menschlicher Eizellen der Firma Merck-Serono (EP1794287) ist der Verein bereits 2010 aktiv geworden. „Die aktuellen Beispiele zeigen, dass die Probleme bisher deutlich unterschätzt wurden. Das was hier passiert, schadet Patienten, es behindert in vielen Fällen die Forschung und führt zu einer zunehmenden Kommerzialisierung des menschlichen Körpers. Lebewesen und ihre Gene sind keine Erfindungen, sie dürfen nicht patentiert werden“, fordert Ruth Tippe von der Initiative „Kein Patent auf Leben!“. Die Initiative verfolgt seit Jahren die aktuellen Patenterteilungen am Europäischen Patentamt.
Zuletzt war das Europäische Patentamt wegen der Patentierung von konventionell gezüchteten Pflanzen wie Tomaten und Brokkoli unter Druck geraten. Vergleichbare Beispiele wie Patente auf Melonen (EP1962578) oder Griechischen Bergtee (EP2229950) finden sich auch in der heute veröffentlichten „Schwarzen Liste“. Testbiotech und „Kein Patent auf Leben!“ untermauern mit der Untersuchung auch die Forderung des internationalen Bündnisses „Keine Patente auf Saatgut!“ nach einem Verbot der Patentierung von Pflanzen und Tieren.
Link zum Bericht: http://www.testbiotech.de/node/583
Link zu den Patentdokumenten: http://www.testbiotech.de/node/585