Am 7.1.25 veröffentlichte die polnische EU-Ratspräsidentschaft einen neuen Kompromissvorschlag zur Deregulierung von Pflanzen, die durch neue Gentechnikverfahren („NGTs“) wie CRISPR/Cas bearbeitet wurden. Ziel ist es, die Blockade im Rat bezüglich des Kommissionsvorschlags vom Juni 2023 zu überwinden.
Der neue Vorschlag versucht hauptsächlich, einen Kompromiss zu Patenten zu finden. Die polnische Präsidentschaft will eine Änderung des Patentrechts vermeiden, die allerdings unbedingt notwendig wäre, um den laufenden Konzentrationsprozess am Saatgutmarkt einzudämmen.
Stattdessen schlägt Polen vor, dass Unternehmen keine Patente anmelden sollten, wenn sie möchten, dass ihre Pflanzen den NGT1-Status genießen. Alternativ dürfte patentiertes NGT1-Saatgut weiterhin auf den Markt gebracht werden, wenn es als „patentgeschützt“ oder „zum Patent angemeldet“ gekennzeichnet ist. Die Mitgliedstaaten könnten dann „Opt-out“-Maßnahmen ergreifen, um den Anbau von patentiertem NGT1-Saatgut auf ihrem Territorium zu verbieten (jedoch nicht die Vermarktung von Lebens- und Futtermitteln).
Der Vorschlag steht augenscheinlich im Widerspruch zu grundlegenden Prinzipien der Nichtdiskriminierung: Polen scheint sich nicht darüber im Klaren zu sein, dass auch Patente auf Pflanzen erteilt werden, die aus zufälliger Mutagenese stammen und somit von der Gentechnikgesetzgebung ausgenommen sind. Diese Pflanzen könnten weiterhin ohne Einschränkungen (kein Opt-out oder Kennzeichnung) in Umlauf gebracht werden, sodass der polnische Vorschlag eine ungerechtfertigte Diskriminierung patentierter NGTs gegenüber patentierten konventionellen Pflanzen zur Folge hätte.
In jedem Fall ist es ein schwacher Vorschlag. Die belgische Präsidentschaft hatte im vergangenen Jahr vorgeschlagen, den NGT1-Status nur dann zu gewähren, wenn kein Patent angemeldet wird. Nun können NGT1-Pflanzen patentiert werden und die Last, ihren Anbau zu verbieten, liegt bei den Mitgliedstaaten. Dies ist keine Lösung für die anhaltende Konzentration/Monopolisierung auf dem Saatgutmarkt. Opt-out und Kennzeichnung würden die Firmen nicht davon abhalten, Patente auf ihre Produkte anzumelden. Der Vorschlag wirft viele rechtliche und politische Probleme für die Mitgliedstaaten auf und bietet keine Rechtssicherheit, da ein Anbauverbot jederzeit von einer (neuen) nationalen Regierung geändert werden könnte. Die Auswirkungen dieser Regelung auf die anhaltende Konzentration des Saatgutmarktes wären gering oder Null.
Eine wirkliche Lösung des Patentproblems würde bedeuten: 1) sicherzustellen, dass nur gentechnisch veränderte Pflanzen patentiert werden können (durch eine Präzisierung der EU-Patentrichtlinie 98/44); und 2) eine Initiative für eine diplomatische Konferenz zu starten, die Patente auf Pflanzen und Tiere gemäß internationalem Recht (Europäische Patentrichtlinie) generell verbietet.
Auch andere Probleme werden durch den Vorschlag aus Polen nicht gelöst: Es wurden bereits einige Versuche unternommen, den Kommissionsvorschlag hinsichtlich Risikobewertung und Äquivalenzkriterien für NGT1-Pflanzen (Annex 1) zu ändern. Die polnische Präsidentschaft folgt jedoch immer noch der falschen Idee, dass es einen allgemeinen Schwellenwert für NGT-Anwendungen geben könnte, der nicht mit erheblichen Risiken verbunden sei. Viele wissenschaftliche Veröffentlichungen zeigen jedoch, dass es keinen solchen Schwellenwert gibt. Daher sollten Entscheidungen über den Marktzugang für NGT1-Pflanzen nur nach einer Einzelfall-Risikobewertung getroffen werden.
Kontakt:
Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040
Weiterführende Informationen:
The future regulation of NGT plants: Questions that still need to be answered