KI generiert erstmals Viren

Erbgut von Phagen neu designt

25. September 2025

Zum ersten Mal ist es WissenschaftlerInnen gelungen, funktionsfähige Viren mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) zu designen. Dabei entstanden bisher unbekannte Varianten von Viren, die auf Bakterien spezialisiert sind, sogenannte Phagen. Diese KI-Viren sind in manchen ihrer Eigenschaften den bisher bekannten Phagen überlegen. Im Versuch wurden nicht nur einzelne DNA-Abschnitte verändert, sondern das gesamte Erbgut neu designt. Die Versuche werfen gravierende Fragen bezüglich der Risiken für Mensch und Umwelt auf.

Phagen sind dafür bekannt, dass sie Bakterien nutzen, um sich zu vermehren. Die befallenen Bakterien gehen zugrunde, dabei entsteht die nächste Generation der Viren, die dann erneut Bakterien befallen können. Manche Phagen werden deswegen als möglicher Ersatz für Antibiotika genannt, um besonders resistente Keime zu bekämpfen. Hier könnte theoretisch auch ein Nutzen der aktuellen Versuche liegen.

Entscheidend ist aber, dass in den aktuellen Versuchen erstmals gezeigt wurde, dass KI dazu genutzt werden kann, funktionsfähige Virusformen zu designen, die so bisher nicht in der Natur vorkommen. Die KIs wurden mit DNA existierender Phagen so trainiert, dass auch komplexe Interaktionen zwischen Genen und deren Regulation berücksichtigt wurden. Mithilfe von KIs können also ganze biologische Systeme resynthetisiert werden und neuartige Eigenschaften entstehen.

Das Erbgut von Phagen ist vergleichsweise klein, deswegen werden sie schon seit mehreren Jahren für Versuche zur Resynthese ganzer Genome genutzt. Doch bisher waren diese Versuche im Hinblick auf neu designte Viren wenig erfolgreich. Den KIs ‚Evo 1‘ und ‚Evo 2‘ gelang es jetzt unter Anleitung, Phagen mit biologischen Eigenschaften zu kreieren, die sich von denen der Ausgangsformen (ΦX174) unterscheiden und trotzdem funktionsfähig sind. Einige der neu designten Virusvarianten können sich nicht nur mithilfe von Bakterien erfolgreich vermehren, sondern auch Resistenzen überwinden und sich mit höherer Effektivität ausbreiten.

Damit gehen verschiedene Gefahren einher: Zum einen können Phagen sich beständig weiterentwickeln, neue Eigenschaften erwerben und bspw. auch lebensnotwendige Bakterien abtöten. Zum anderen könnte das Vorgehen auf Viren angewandt werden, die gefährliche Krankheiten verbreiten. Zwar wurde die KI vorsichtshalber nicht mit Daten humanpathogener Viren trainiert. Aber technisch scheint der Ansatz aus diesen Versuchen auf für Menschen gefährliche Viren übertragbar. Denkbar ist auch die Schaffung völlig neuer Viren.

In diesem Zusammenhang wird von vielen ExpertInnen vor böswilligen Anwendungen oder auch militärischer Nutzung gewarnt. Diesen Gefahren scheint die Menschheit jetzt ein großes Stück nähergekommen. Testbiotech schließt sich der Warnung vieler ExpertInnen an, die dringend gesetzliche Initiativen zur Eindämmung der Risiken fordern.

Die Studie wurde bislang nur als Preprint veröffentlicht, muss also noch von unabhängigen ExpertInnen begutachtet werden.

Kontakt:

Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040

Weiterführende Informationen:

Studie zu KI-Viren (Preprint)

Positionspapier der Nuclear Threat Initiative zu den Risiken von KI und Biotechnologie