Nachdem die Abstimmung über Glyphosat noch einmal verschoben wurde, fordert Testbiotech jetzt einen Zulassungsstopp für gentechnisch veränderte Soja, die mit Glyphosat gespritzt wurde. Der Grund: Die Rückstände in der Sojaernte stammen von Herbizidmischungen, die noch giftiger sind als Glyphosat in Reinform und nie richtig untersucht wurden. Nach einem von der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA im April 2017 veröffentlichten Bericht haben die zuständigen Behörden der EU-Staaten keine einzige gentechnisch veränderte Sojabohne auf entsprechende Rückstände untersucht, obwohl diese Sojabohnen massiv mit Glyphosat-Mischungen gespritzt werden. Gleichzeitig legen die Konzerne für die EU-Zulassungsprüfungen von Gentechnik-Soja geschönte Daten vor.
„Jedes Jahr werden 30 bis 40 Millionen Tonnen Sojabohnen aus Ländern wie Argentinien, Brasilien und den USA eingeführt. Diese sind zum größten Teil gentechnisch verändert und werden massiv mit Herbizidmischungen gespritzt, die Glyphosat enthalten. Die importierte Ernte ist regelmäßig mit entsprechenden Rückständen belastet. Sogar die EFSA stellt ausdrücklich fest, dass die vorliegenden Daten nicht ausreichen, um die gesundheitlichen Risiken zu beurteilen. Jetzt müssen endlich Konsequenzen gezogen werden. Es dürfen keine neuen Importzulassungen erteilt werden!“, sagt Christoph Then für Testbiotech.
Für den Mangel an Untersuchungsdaten bei den Importen sind die nationalen Behörden verantwortlich. Die EFSA beklagte bereits mehrfach, dass wesentlich mehr Daten benötigt würden, um die Risiken der Rückstände in der Sojaernte zu bewerten. Nach den jetzt aktuell vorliegenden Daten wurden in Deutschland im Untersuchungszeitraum 2015 insgesamt nur acht Soja-Proben untersucht. Diese Proben stammten aus China, Frankreich, Deutschland und Österreich – allesamt Länder, in denen keine gentechnisch veränderte Soja angebaut wird.
Zudem legen die Konzerne bei der Zulassungsprüfung der Gentechnik-Soja ganz offensichtlich unzureichende und geschönte Daten vor: In der Praxis spritzen die Landwirte die Gentechnik-Pflanzen oft mehrfach mit Glyphosat, bis kurz vor der Ernte. Wegen zunehmender Unkrautprobleme werden dabei immer höhere Mengen der Herbizidmischungen eingesetzt. Laut Monsanto können dabei bis zu 8 kg Glyphosat pro Hektar verwendet werden. Bei Anbauversuchen für die Zulassungsprüfung setzen die Konzerne dagegen nur rund ein Kilo pro Hektar ein und spritzen die Pflanzen auch nur einmal zu Beginn des Anbaus.
In Abhängigkeit von der Menge der ausgebrachten Spritzmittel und der Häufigkeit ihrer Anwendung ändert sich auch die Menge der Rückstände. Zudem verändern sich auch die Inhaltsstoffe in den Pflanzen. Dadurch kann beispielsweise die Wirkung von Allergenen oder pflanzlicher Östrogene verstärkt werden. Die Daten der Konzerne sind deswegen zur Abschätzung dieser Risiken nicht geeignet.
Die Lücken in der Risikoprüfung zeigen sich aktuell im Rahmen der Zulassungsprüfung für neue Gentechnik-Sojapflanzen der Konzerne Bayer und Dow AgroSciences, die jeweils gleich gegen drei unterschiedliche Gruppen von Herbiziden resistent gemacht wurden. Der Bayer-Konzern behandelte seine Soja nur einmal und nur mit rund einem Kilo Glyphosat/Hektar. Zudem wurden längst nicht alle relevanten Wirkstoffe an den Pflanzen getestet und Kombinationswirkungen völlig außer Acht gelassen.
Testbiotech fordert jetzt einen Zulassungsstopp für diese Gentechnik-Soja, auch wenn der Einsatz von Glyphosat in der EU vorerst noch nicht verboten ist.