Das US-Unternehmen INARI beansprucht in einem internationalen Patentantrag (WO2023250505) die Nutzung von DNA-Varianten, die in allen Pflanzenarten vorkommen und die Genaktivität regulieren. Das Patent basiert auf einer Kombination aus neuen Neuer Gentechnik (NGT) und künstlicher Intelligenz (KI). Es zeigt, dass die Kopplung von NGT und KI im Hinblick auf die Risiken von NGT-Pflanzen eine neue „Büchse der Pandora“ öffnet, die eine sehr robuste Gentechnik-Regulierung erfordert.
INARI ist dafür bekannt, dass es KI in Kombination mit NGT einsetzt und eine aggressive Strategie bei der Anmeldung von Patenten auf Pflanzen verfolgt. Im aktuellen internationalen Patentantrag erhebt die Firma keinen Anspruch auf ein bestimmtes Merkmal oder eine bestimmte Pflanzenart, sondern auf die Verwendung einer unbegrenzten Anzahl von DNA-Sequenzen, die für die Genregulation in allen Pflanzenarten entscheidend sind. Damit versucht die Firma, den Zugang zu genetischen Informationen zu kontrollieren, die für alle ZüchterInnen wichtig sind.
Mit Hilfe von KI werden in Datenbanken die Pflanzengenome nach kleinen regulatorischen Einheiten und deren Funktionen durchsucht. Diese genetischen Informationen werden dann verwendet, um die KI zu trainieren und die interessantesten genetischen Varianten für die Pflanzenzucht zu identifizieren. Das Patent beansprucht alle mit dieser Methode entwickelten Pflanzen, unabhängig davon, ob sie gentechnisch verändert wurden oder nicht.
Wird das Patent erteilt, wird INARI zwar nicht in der Lage sein, die gesamte Pflanzenzucht zu kontrollieren. Aber inzwischen werden jedes Jahr Hunderte von Patenten auf Pflanzen und Saatgut angemeldet. Unternehmen, die über die finanziellen Mittel verfügen, möglichst viele Patente anzumelden, werden die Kontrolle über die Pflanzenzüchtung in Europa übernehmen. Gleichzeitig werden die traditionellen ZüchterInnen aus dem Markt gedrängt oder von Lizenzverträgen abhängig gemacht.
Um die Interessen der traditionellen Züchtung und der Öffentlichkeit zu schützen, fordert Testbiotech, ähnlich wie andere Organisationen, Patente strikt auf Pflanzen zu beschränken, die aus gentechnischen Verfahren hervorgegangen sind. Dies könnte durch eine Klarstellung im EU-Recht erreicht werden. Dagegen würde ein Verbot von Patenten auf NGT-Pflanzen eine internationale Konferenz auf der Ebene des Europäischen Patentübereinkommens erfordern. Die EU-Kommission und auch die aktuelle polnische Ratspräsidentschaft planen jedoch keine wirkungsvollen Maßnahmen, um den Missbrauch des Patentrechts in der Pflanzenzüchtung einzuschränken oder einzudämmen.
Die Patentanmeldung zeigt außerdem einen weiteren entscheidenden Aspekt auf: INARI will per NGT zusätzliche Veränderungen in die regulatorischen DNA-Sequenzen einführen. Dabei soll die KI die neuen genetischen Varianten entwickeln. Wie in einem kürzlich erschienenen Bericht von Testbiotech dargelegt wird, kann dieser Ansatz zu NGT-Pflanzen führen, deren Eigenschaften weit über das hinausgehen, was aus der herkömmlichen Züchtung bekannt ist. Daher ist vor einer Vermarktung solcher NGT-Pflanzen eine eingehende Bewertung der Risiken für Mensch und Umwelt unverzichtbar. Doch die EU-Kommission plant, den meisten NGT-Pflanzen den Marktzugang ohne verpflichtende Risikoprüfung zu gewähren.
Kontakt:
Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040
Weiterführende Informationen:
Testbiotech-Hintergrund zu INARI
Fragen und Antworten: Warum die EU-Kommission ihren Deregulierungsvorschlag zurückziehen sollte