21. September 2022 / In Kanada ist es zu einer Auskreuzung von Gentechnik-Raps in eine verwandte Unkrautart gekommen, die sich jetzt auf den Feldern ausbreitet. Dies geht aus einer aktuellen Studie von kanadischen WissenschaftlerInnen hervor. Die Ausbreitung der Pflanzen stellt bisherige Annahmen über die Sicherheit der Pflanzen infrage.
Der Studie zufolge war LandwirtInnen aus der Region Quebec aufgefallen, dass sich auf ihren Äckern rapsartige Pflanzen ausbreiten, die gegen das Herbizid Glyphosat resistent sind. Molekularbiologische Untersuchungen zeigten in der Folge, dass es sich bei einem Teil der Pflanzen tatsächlich um Gentechnik-Raps handelt. Gentechnisch veränderter, herbizidresistenter Raps wird in Kanada seit rund 25 Jahren im großen Maßstab angebaut, derzeit auf rund 8,6 Millionen Hektar. Die Funde auf den Feldern in Quebec waren dennoch überraschend, da die betroffenen LandwirtInnen noch nie Raps angebaut hatten und auch in der gesamten Region kaum Rapsanbau stattfindet.
Noch überraschender war jedoch ein zweites Ergebnis der Studie. Bei einem Teil der gegen Glyphosat resistenten Pflanzen handelte es sich um die nah mit dem Raps verwandte Wildart Brassica rapa (Rübsen), die in vielen Regionen als Ackerunkraut auftritt. Raps und Rübsen sind miteinander kreuzbar, Hybride aus gentechnisch verändertem (gv-) Raps und Rübsen wurden bereits in Ländern, die Gentechnik-Raps importieren, an Transportrouten und in der Nähe von Häfen nachgewiesen. Allerdings gingen WissenschaftlerInnen lange davon aus, dass diese Hybridpflanzen eine verringerte Fruchtbarkeit aufwiesen und sich daher nicht dauerhaft durchsetzen können. Die aktuelle Studie zeigt dagegen, dass die gentechnische Eigenschaft in Kanada mittlerweile, vermutlich durch mehrfache Rückkreuzung der Hybriden, in reinerbigen Rübsen nachweisbar ist.
Zuletzt überraschte die ForscherInnen auch eine dritte Entdeckung: Unter den untersuchten Pflanzen fanden sich auch Kreuzungen von Gentechnik-Raps und Acker-Rettich (Raphanus raphanistrum), einem weiteren wilden Verwandten des Rapses mit Unkrauteigenschaften. Obwohl die beiden Arten im Labor bereits miteinander gekreuzt werden konnten, wäre dies nach Angaben der WissenschaftlerInnen der wohl erste nachgewiesene Fall einer Hybridisierung unter natürlichen Bedingungen.
Da weite Teile der kanadischen Landwirtschaft auf glyphosatresistenten Gentechnik-Pflanzen wie Mais, Raps und Soja basieren, haben die Gentechnik-Pflanzen einen wichtigen Fitnessvorteil und finden hervorragende Ausbreitungsbedingungen vor. Zudem gab es in den letzten Jahren verschiedene Untersuchungen, die zeigten, dass per Gentechnik gegen Glyphosat resistent gemachte Pflanzen unerwartete biologische Effekte aufweisen können. Diese gewähren den Gentechnik-Pflanzen auch dann einen Überlebensvorteil, wenn gar kein Glyphosat gespritzt wird.
Die AutorInnen zeigen sich in der Studie insgesamt besorgt darüber, dass gentechnisch erzeugte Eigenschaften von Nutzpflanzen wie Raps in verwandte Unkräuter auskreuzen können und weisen darauf hin, dass vor Einführung von gv-Nutzpflanzen die Unkrauteigenschaften von möglichen Kreuzungspartnern bedacht werden sollten.
Insbesondere gv-Raps hat sich dabei, wie auch eine aktuelle Übersichtsstudie zeigt, als besonders problematische Pflanze erwiesen, die sich mittlerweile in zahlreichen Ländern weltweit unkontrolliert ausbreitet. Testbiotech spricht sich seit langer Zeit dafür aus, dass die Freisetzung von Gentechnik-Pflanzen untersagt werden muss, wenn sich deren Ausbreitung in der Umwelt räumlich und zeitlich nicht kontrollieren lässt.
Die vorliegende Studie zeigt erneut die Komplexität und Unvorhersehbarkeit ökologischer Zusammenhänge. Testbiotech warnt vor diesem Hintergrund auch vor Plänen einer Deregulierung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik (Genome Editing) .
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