Gentechnik & Pestizide: Industrie vergiftet die öffentliche Debatte

UmweltschützerInnen werden systematisch beobachtet und diskreditiert

15. Oktober 2024

Vor kurzem veröffentlichte das internationale Journalistennetzwerk Lighthouse Reports eine Recherche über eine industrienahe PR-Agentur, die systematisch Daten von Umwelt- und VerbraucherschützerInnen sammelt. Das Vorgehen erinnert an ‚Stasi-Methoden’: ExpertInnen und WissenschaftlerInnen, die Pestizid- und Gentechnik-Einsatz in der Landwirtschaft kritisieren, werden systematisch ausgeforscht und diffamiert. Internationale Medien wie Le Monde und The Guardian berichteten über den Skandal.

Die PR-Agentur v-Fluence wurde von einem ehemaligen Monsanto-Mitarbeiter gegründet und betreibt eigenen Angaben zufolge „Reputationsmanagement“ für große Agrochemie- und Saatgutkonzerne. Dazu gehört wohl auch, KritikerInnen „moderner Agrarmethoden“ zu überwachen und zu diskreditieren. Das Resultat: eine exklusive Datenbank, die Profile von weltweit über 3.000 Organisationen und 500 Personen enthält, die sich kritisch zum Einsatz von Pestiziden oder Gentechnik-Organismen geäußert haben.

Betroffen sind MenschenrechtsexpertInnen, UmweltschützerInnen, JournalistInnen und WissenschaftlerInnen. Auch zu Testbiotech findet sich in der Datenbank ein Dossier. Aus den Newslettern von v-Fluence geht hervor, dass die Arbeit von Testbiotech kontinuierlich beobachtet wird.

Unerfüllte Kinderwünsche, außereheliche Affären, der Wert von Privathäusern, Verkehrsverstöße oder Parteispenden: Gezielt sammelt v-Fluence private Daten – die teils frei erfunden sind. Das Ziel des Unterfangens besteht ganz klar darin, die Zielpersonen und ihre Arbeit zu diskreditieren.

Zugang zu den exklusiven Daten sollen neben Regierungsbeamten auch Führungskräfte der Agrochemie- und Gentechnik-Konzerne, Behörden wie die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA, JournalistInnen und industrienahe WissenschaftlerInnen (unter anderem aus Deutschland) haben. Dagegen hat Testbiotech bisher keinen Einblick in die Daten, die über die eigene Organisation gesammelt wurden.

Für Testbiotech bestätigen die Recherchen bisherige Erfahrungen: Anstatt sich mit wissenschaftlichen Argumenten auseinanderzusetzen, versucht die Industrie, die Glaubwürdigkeit von Institutionen und Personen zu untergraben, die der Gentechnik- und Pestizidindustrie kritisch gegenüberstehen. Der Druck, mehr Gewinn zu erwirtschaften, scheint derart hoch, dass Schutzziele (Mensch, Natur, Umwelt) nicht nur hintangestellt, sondern systematisch bekämpft werden. Dieses Feld haben Consulting- und PR-Firmen, BloggerInnen und InfluencerInnen längst als mögliche Einkommensquelle für sich entdeckt: ein Geschäft, das auf Kosten der Allgemeinheit geht.

Kontakt:

Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040

Weitere Informationen:

Die Recherchen von Lighthouse Reports (Englisch)

Bericht bei Infodienst Gentechnik

Bericht in The New Ledge (Englisch; inklusive Einblick in zahlreiche Dokumente)

Bericht in Le Monde (Französisch)

Bericht in The Guardian (Englisch)

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