Gentechnik-„Doppelmuskeltiere“ für die Fleischindustrie

Gentechnik-Schweine könnten auch in der EU ohne Risikoprüfung und Kennzeichnung auf den Markt gelangen

19. Februar 2018 / Mit Hilfe neuer gentechnischer Verfahren unter Verwendung von Gen-Scheren wie CRISPR/Cas sollen Nutztiere mit erhöhtem Muskelwachstum geschaffen werden. Die Rede ist von sogenannten „Doppelmuskeltieren“. In verschiedenen Experimenten mit Schweinen, Kühen, Schafen und Ziegen wurde versucht, das Myostatin-Gen (MSTN), welches das Muskelwachstum kontrolliert, auszuschalten. Im Resultat sollen sich die Muskelzellen unnatürlich stark vermehren können. Bei einigen Tieren in China ist dies bereits gelungen. Es wurden sogar schon Patente auf entsprechende Schweine und Rinder angemeldet.

Dabei stehen wirtschaftliche Interessen klar im Vordergrund, das Tierwohl wird ausgeklammert. Bei Doppelmuskel-Ferkeln kam es zu erheblichen Problemen: Bei ersten Versuchen in China entstanden aus 900 Embryonen nur acht Ferkel mit den gewünschten gentechnischen Veränderungen. Alle starben in den ersten Monaten. Die Ferkel litten an Gesundheitsproblemen wie verdickten Zungen. Bei weiteren Versuchen wurden nach vielen Versuchen auch scheinbar gesunde Exemplare geboren. Aussagen über deren tatsächlichen Gesundheitszustand zu treffen, ist jedoch schwierig, weil sie schon früh für weitere Untersuchungen getötet wurden.

Verschiedene Akteure fordern, dass gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere ohne Risikoprüfung und Kennzeichnung auf den Markt kommen können, wenn bei diesen keine zusätzlichen Gene eingefügt werden. In diesem Fall könnten auch die Nachkommen der Schweine aus China und Korea unerkannt in der EU vermarktet werden: Es wurde kein neues Gen eingefügt, sondern ein natürliches Kontroll-Gen für Muskelwachstum ausgeschaltet. Man spricht hier auch von Gen-Editing.

Jüngst hatte der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes eine Stellungnahme dazu abgegeben, wie die bestehenden Gesetze in Bezug auf die neuen Gentechnikverfahren auszulegen sind. Dabei zieht er aber keine eindeutige Grenzen zwischen konventioneller Züchtung und neuen Gentechnikverfahren. Ein Urteil des Gerichtshofes wird schon in ein paar Wochen oder Monaten erwartet.

Sollte es durch das in den nächsten Wochen zu erwartende Gerichtsurteil tatsächlich zu erheblichen Lücken in der Regulierung kommen, wäre es daher unerlässlich, dass die Politik aktiv wird, um beispielsweise unkontrollierte Importe dieser Doppelmuskel-Schweine zu verhindern. Vor diesem Hintergrund ist es nach Ansicht von Testbiotech zu begrüßen, dass im Koalitionsvertrag der potentiellen neuen Bundesregierung angekündigt wird, dass man geeignete Maßnahmen ergreifen wolle, um Vorsorgeprinzip und die Wahlfreiheit zu stärken.

Kontakt:
Christoph Then, Tel. 0151 54638040, info@testbiotech.org

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