Das US-Unternehmen ‚Impossible Foods‘ hat mithilfe von Gentechnik einen blutähnlichen Farbstoff entwickelt, mit dem Geschmack und Optik von Fleisch imitiert werden soll. Das dem tierischen Blutfarbstoff Hämoglobin ähnliche Eiweiß kommt ursprünglich in den Wurzeln von Sojabohnen vor. Die Firma stellt den Stoff mithilfe von gentechnisch veränderter Hefe her und will ihn nun auch in der EU seinen Fleischersatzprodukten beimischen. Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hält trotz mehrfacher offizieller Anfragen von Testbiotech grundlegende Informationen zu diesem gentechnisch veränderten Soja-Leghämoglobin zurück.
Die für die Risikobewertung zuständige EFSA hatte ihren Prüfbericht im November 2024 veröffentlicht. Dabei wurden jedoch relevante Teile der behördlichen Stellungnahme unter Verweis auf Firmengeheimnisse geschwärzt. Für externe ExpertInnen und die Öffentlichkeit sind somit die Daten, aus denen hervorgeht, wie die DNA des Stoffes und der Hefe genau verändert wurden, nicht zugänglich. Dies steht im Gegensatz zu Rechtsvorschriften der EU, nach denen alle risikorelevanten Daten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen.
Dieser ungewöhnliche Vorgang hat unter anderem Auswirkungen auf die für Gentechnik-Zulassungen vorgeschriebene öffentliche Konsultation, die zur Transparenz des Verfahrens und zur Sicherheit der Produkte beitragen soll. Ohne die im Text geschwärzten Daten ist es z.B. nicht möglich, wissenschaftlich fundierte Anmerkungen zu den molekularbiologischen Analysen und zur Sicherheit der Produkte in den Konsultationsprozess einzubringen. Zudem können keine unabhängigen Nachweisverfahren entwickelt werden, um etwaige Verunreinigungen von Lebensmitteln mit Bestandteilen der Gentechnik-Hefe zu identifizieren.
Testbiotech hat aus diesem Grund seit Dezember 2024 mehrfach bei EFSA und EU-Kommission die Veröffentlichung der ungeschwärzten Stellungnahme angemahnt. Resultat des monatelangen Tauziehens: eine von der EFSA neu bearbeite Fassung des Textes, bei der jedoch nur wenige Wörter im Vergleich zur offiziellen Version entschwärzt wurden. Die Behörde stellte daneben weitere Dokumente zur Verfügung, die jedoch ebenfalls weitreichende Schwärzungen enthielten.
Die EU-Kommission hat sich bisher nicht abschließend zu dem Fall geäußert. Man arbeite noch an einer Entscheidung. Auch eine vom EU-Parlament eingereichte Anfrage wurde trotz Ablauf der Frist bisher nicht beantwortet.
Testbiotech sieht in dem Vorgang einen gefährlichen Präzedenzfall, der auch in Zusammenhang mit der von der Kommission angestoßenen Deregulierung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik (NGT) zu sehen ist. Auch hier soll der Zugang zu vielen Informationen nicht mehr möglich sein. So soll es nach dem Willen der Kommission weder Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit noch Monitoring geben. In Ländern, in denen Pflanzen aus Neuer Gentechnik bereits dereguliert sind, wie den USA, finden sich in den veröffentlichten Dokumenten oft keinerlei genaue Angaben über die Eigenschaften und Risiken der Produkte.
Das EU-Parlament dagegen fordert eine Kennzeichnung entsprechender Lebensmittel und ein Monitoring der zugelassenen NGT-Pflanzen. Ob sich diese Position im Rahmen des in diesen Tagen startenden Trilogverfahrens zwischen Kommission, Mitgliedsländern und EU-Parlament durchsetzen lässt, gilt als zweifelhaft. Testbiotech befürchtet, dass die geschwärzten Unterlagen zum Gentechnik-Burger nur der Vorgeschmack auf einen radikalen Kurswechsel der EU im Hinblick auf Sicherheit und Transparenz von gentechnisch veränderten Organismen sind.
Kontakt:
Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040
Weiterführende Informationen:
Die ursprüngliche Stellungnahme der EFSA
Die neue Version der EFSA-Stellungnahme
Testbiotech-Anfrage auf ‚Askthe EU‘