Testbiotech hat ein neues Hintergrundpapier über aktuelle Forschungsergebnisse zu Pflanzen aus Neuer Gentechnik (NGT) veröffentlicht. Darin wird gezeigt, dass der Vorschlag der EU-Kommission für die künftige Regulierung solcher Pflanzen ungeeignet ist. Der Vorschlag wäre überholt, bevor er überhaupt umgesetzt werden könnte. Die vorgeschlagene Regelung basiert auf dem grundlegenden Irrtum, dass es einen Grenzwert von 20 Mutationen gäbe, unterhalb dessen keine Risikobewertung notwendig wäre. Aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen zeigen jedoch, dass ein solcher „magischer Schwellenwert“ nicht existiert.
BefürworterInnen der NGT-Technologie zufolge steht eine beispiellose Welle von technisch ‚getunten‘ Pflanzen bevor. Dabei geht es um die Veränderung kleiner, leistungsstarker regulatorischer Einheiten im Genom von Pflanzen, die die Genexpression beeinflussen. Diese Herangehensweise profitiert von künstlicher Intelligenz (AI) und neuen Varianten von Gen-Scheren.
Die beabsichtigten genomischen Veränderungen sollen es ermöglichen, abgestufte, aber auch extreme Effekte zu erzielen. Diese zielen auf Pflanzeneigenschaften ab wie die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe, die Pflanzenarchitektur oder die Reaktion auf Stressfaktoren. Diese Eigenschaften können alle auch mit unbeabsichtigten Auswirkungen einhergehen. Die Veröffentlichungen zeigen, dass die jeweiligen Effekte nicht von der Anzahl der Mutationen abhängen, sondern von ihrer Position im Genom und deren Kombinationen.
In den meisten Fällen sind die herbeigeführten genetischen Veränderungen im bestehenden Genpool nicht bekannt, und konnten mittels konventioneller Züchtung nicht erreicht werden. Viele der veränderten DNA-Sequenzen liegen in genetisch hoch konservierten Regionen, in denen nur sehr selten spontane Mutationen auftreten. Bei einigen der gentechnischen Veränderungen ist es sehr unwahrscheinlich, dass sie jemals durch Zufallsmutagenese entstehen könnten, z. B. wenn spezifische Kombinationen gentechnischer Veränderungen in sehr kleinen Bereichen des Genoms angestrebt werden.
Insgesamt zeigen dieses sogenannte ‚Feintuning‘ von NGT-Pflanzen, dass es keinen ‚magischen Schwellenwert‘ für eine bestimmte Anzahl von Mutationen gibt, der Rückschlüsse auf die Sicherheit von NGT-Pflanzen oder deren Gleichwertigkeit mit Pflanzen aus konventioneller Züchtung zulassen würde. Weil die genetischen Veränderungen in NGT-Pflanzen über das hinausgehen, was aus der konventionellen Zucht bekannt ist, müssen die damit verbundenen Risiken für die Umwelt geprüft werden. Doch diese Notwendigkeit wird im Vorschlag der EU-Kommission vollständig ignoriert.
Darüber hinaus lässt der Vorschlag der Kommission aktuelle technische Entwicklungen wie die Verwendung neuer Genscheren, neue Verfahren zur Einbringung von Genscheren in die Zellen (z. B. virale Vektoren) und den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) zur Generierung gentechnisch veränderter Organismen außer Acht. Eine fallspezifische Risikoprüfung wäre hier aus Sicht von Testbiotech erforderlich, was bei der geplanten Regulierung von NGT-Pflanzen aber nicht verlangt würde.
Sollte der Vorschlag der EU-Kommission umgesetzt werden, könnten in den kommenden Jahrzehnten Hunderte von NGT-Pflanzen in die Umwelt entlassen werden, die das Spektrum der beabsichtigten und unbeabsichtigten Eigenschaften von Pflanzen aus konventioneller Züchtung weit übersteigen. Sie alle könnten ohne verpflichtende Risikobewertung, Rückverfolgbarkeit oder Überwachung freigesetzt oder auf den Markt gebracht werden.
Testbiotech fordert deswegen, den veralteten Vorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2023 zurückzuziehen und die vorhandene Flexibilität der bestehenden Gentechnikregulierung zu nutzen, um diese an die neuen Entwicklungen anzupassen.
Kontakt:
Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040
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