Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat erstmals grünes Licht für den Anbau von gentechnisch veränderter Soja in Europa gegeben. Jetzt müssen die Kommission und die Mitgliedsländer über die Marktzulassung entscheiden. Antragssteller ist der US-Konzern Monsanto, der auch in Europa das Saatgut seiner „Roundup Ready“-Soja verkaufen möchte. Diese toleriert das Spritzmittel Glyphosat und ist bisher nur für den Import, nicht aber für den Anbau zugelassen. Ein aktuelles Rechtsgutachten im Auftrag von Testbiotech zeigt, dass die geplante Zulassung gegen EU-Recht verstoßen würde, da die Rückstände des Spritzmittels bei der Risikobewertung nicht berücksichtigt wurden. Auch ein Monitoring gesundheitlicher Auswirkungen dieser Rückstände ist nicht vorgesehen, obwohl dies in der EU vorgeschrieben ist.
Ähnliche Mängel finden sich auch bei den bereits erteilten Marktzulassungen von gentechnisch veränderten Pflanzen, die für die Verwendung in Futter- und Lebensmitteln vorgesehen sind. Der bekannte EU-Rechtsexperte Ludwig Krämer fordert in seinem Gutachten, diese Zulassungen dringend zu überarbeiten.
„Ausgerechnet die Rückstände von Spritzmitteln, mit denen die gentechnisch veränderten Pflanzen regelmäßig behandelt werden, bleiben bei der Risikoabschätzung außen vor. Insbesondere EU-Kommissar John Dalli hat diese Praxis bisher vehement verteidigt. Jetzt bekommt er mit seinem industriefreundlichen Kurs ein massives rechtliches Problem“, sagt Christoph Then von Testbiotech. „Wird die Zulassung der gentechnisch veränderten Soja auf der Grundlage der bestehenden Risikobewertung erteilt, wäre dies als ein Rechtsbruch anzusehen.“
Professor Dr. Ludwig Krämer war bis 2004 ein Beamter der EU-Kommission (Generaldirektion Umwelt) und ist derzeit für die Organisationen Client Earth tätig. In seinem Gutachten hebt er vier Punkte besonders hervor:
- Das derzeitige Fehlen eines Monitorings möglicher gesundheitlicher Auswirkungen von gentechnisch veränderten Pflanzen nach der Marktzulassung steht im Widerspruch zur bestehenden Gesetzgebung in der EU.
- Mögliche gesundheitliche Auswirkungen von gentechnisch veränderten Pflanzen müssen selbst dann kontrolliert werden, wenn es unwahrscheinlich ist, dass derartige Effekte auftreten.
- Die EU-Gesetzgebung soll dafür sorgen, jegliche negativen gesundheitlichen Auswirkungen durch gentechnisch veränderte Pflanzen zu vermeiden. Deswegen muss bei der Risikobewertung sichergestellt werden, dass auch die kumulativen Effekte durch Rückstände von Herbiziden berücksichtigt werden.
- Falls ein Monitoringplan diese kumulativen Effekte nicht miteinschließt, muss die Marktzulassung erneut überarbeitet werden.
Obwohl die relevanten EU-Gesetze wie die EU-Richtlinie 2001/18 und die Verordnung 1829/2003 bereits seit über zehn Jahren in Kraft sind und schon 45 Varianten gentechnisch veränderter Pflanzen zur Verwendung in Lebens- und Futtermitteln zugelassen wurden, gibt es bislang kein System, mit dem mögliche gesundheitlichen Auswirkungen identifiziert werden könnten. Zudem werden die Rückstände von Pestiziden und ihre kumulativen Effekte bei der Risikobewertung gentechnisch veränderter Pflanzen bislang nicht berücksichtigt. Dies soll sich auch mit der geplanten neuen Vorschrift der EU-Kommission zur Risikobewertung gentechnisch veränderter Pflanzen nicht ändern. Wissenschaftler warnen jedoch seit langem vor den gesundheitlichen Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch Spritzmittel wie Glyphosat (Handelsname Roundup) immer häufiger bei gentechnisch veränderten Pflanzen eingesetzt werden.