Der Gentechnik-Wolf wirft seine Schatten

Neue Generation transgener Tiere mit Risiken für den Artenschutz

14. April 2025

Die US-Firma Colossal Biosciences behauptet, den ausgestorbenen ‚Schattenwolf‘ wieder zum Leben erweckt zu haben. Diese Art (Canis dirus) ist vor über 10.000 Jahren ausgestorben und mit dem heute lebenden Grauwolf nicht direkt verwandt. Tatsächlich aber hat Colossal nicht mehr als einen gentechnisch veränderten Grauwolf geschaffen, der an 20 Stellen in seinem Erbgut verändert ist. Unter anderem ist der Wolf jetzt größer und hat ein verändertes Fell. In zahlreichen Medienberichten über diese Tiere wurde richtig festgestellt, dass hier keineswegs eine ausgestorbene Tierart wiederbelebt wurde. Doch die Risiken für die Umwelt bleiben in der Berichterstattung außen vor.

Die Geschäftsidee von Colossal ist es, ausgestorbene Tierarten wieder zurückzuholen, wie bspw. das Wollmammut oder eben den ‚Schattenwolf‘. Was die Firma aber tatsächlich macht, ist etwas ganz anderes: Mit gentechnischen Verfahren werden dem Genpool lebender Arten (wie bspw. dem Asiatischen Elefanten bzw. dem Grauwolf) neue Genvarianten hinzugefügt, die zuvor in diesen Arten nicht vorhanden waren. Diese Tiere sind letztlich ‚transgen‘, d.h. sie tragen in ihrem Erbgut artfremde Eigenschaften. Es handelt es sich also keineswegs um Tierarten, die schon einmal auf diesem Planeten gelebt haben, sondern um eine neue Generation transgener Tiere, die für die bestehenden Ökosysteme völlig neu sind.

Entkäme der Gentechnik-Wolf und würde sich mit wilden Artgenossen paaren, könnte er zu einer Gefahr für Grauwolf-Populationen werden: Da er größer und stärker als seine männlichen Mitbewerber sein soll, könnte er sich im Rudel durchsetzen. Seine Nachkommen wären Hybride, die sich möglicherweise ebenfalls rasch weiterverbreiten könnten. So würde die Geschäftsidee zur Wiederauferstehung ausgestorbener Arten zu einer Gefährdung bestehender Arten.

Mit der Erfindung der Gen-Schere CRISPR/Cas und der ‚Neuen Gentechnik‘ (NGT) scheint auch die Debatte über die Risiken für die Umwelt ‚umgeschrieben‘ worden zu sein. Obwohl viele Medien kritisch über den ‚Schattenwolf‘ und die überzogenen Behauptungen von Colossal berichteten, blieben die Risiken für die Artenvielfalt außen vor. Hier zeigt sich wohl der Erfolg einer gezielten strategischen Kommunikation der beteiligten Akteure. In der öffentlichen Diskussion um die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen hat sich der Fokus in den letzten Jahren immer weiter weg von den Risiken, hin zu den möglichen Vorteilen verschoben.

Verlässt man die enge Diskursblase rund um die Gentechnik, sieht es allerdings anders aus. Melden sich bspw. ÖkologInnen zu Wort, kommen sie teils zu ganz anderen Einschätzungen als WissenschaftlerInnen aus dem Bereich der Gentechnologie. Für sie ist das fehlende Bewusstsein über die Risiken der gentechnischen Veränderung von Wildarten so besorgniserregend, dass sie sich dazu entschlossen haben, eine eigene Petition zu starten, um dies zu verhindern.

Der Hintergrund: Die EU plant, NGT-Pflanzen ohne Risikoprüfung für die Vermarktung freizugeben, einschließlich NGT-Wildpflanzen. Danach könnten auch rasch NGT-Tiere folgen. Die Bedingung: Diese Pflanzen dürfen nicht mehr als 20 genetische Veränderungen aufweisen. Dass diese Zahl im Hinblick auf die Risiken völlig aus der Luft gegriffen ist, zeigt das Beispiel des Gentechnik-Wolfes. Hier reichten 20 genetische Veränderungen aus, um die artfremden Merkmale zur Ausprägung zu bringen.

Auch von NGT-Pflanzen ist bekannt, dass weit weniger als 20 genetische Veränderungen ausreichen, um bspw. bei Pappeln, Tomaten, Reis, Weizen und Leindotter neue Eigenschaften zu erzielen, die über das Spektrum der bekannten Eigenschaften der Arten hinausgehen. Nur weil diese NGT-Pflanzen nicht im herkömmlichen Sinne als ‚transgen‘ angesehen werden, sind sie noch lange nicht unbedenklich. Die EU sollte deswegen den Gentechnik-Wolf zum Anlass nehmen, ihr Konzept für die Regulierung von NGT-Pflanzen zu revidieren.

Kontakt:

Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040

Weiterführende Informationen:

Artikel über Schattenwolf in der Süddeutschen Zeitung

Petition aus dem Bereich der Ökologie gegen die gentechnische Veränderung von Wildpflanzen

Bericht über Gentechnik an Tieren

Letzte Meldung zum Gesetzesvorhaben der EU