Wie mehrere jetzt bekannt gewordene Dokumente zeigen, die von dem US-Konzern Monsanto, der EU-Kommission und der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA stammen, hält Monsanto beim Anbau des Gentechnik-Mais MON810 die geltenden EU-Bestimmungen nicht ein. Die Probleme betreffen insbesondere das Monitoring von negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Zudem zeigt sich, dass die ursprüngliche Risikobewertung der EFSA auf unzureichenden Annahmen beruhte. MON810 ist bislang der einzige gentechnisch veränderte Mais, der in der EU angebaut werden darf. Testbiotech fordert die EU-Kommission jetzt auf, den Anbau für 2015 zu stoppen.
Die EU-Richtlinie 2001/18 schreibt vor, dass Firmen, die über eine Erlaubnis zum Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen verfügen, regelmäßig Berichte über mögliche unerwartete oder negative Auswirkungen vorlegen müssen. Nach Einschätzung der EFSA ist der letzte Bericht von Monsanto jedoch von so geringer Qualität, dass daraus keine Schlüsse gezogen werden können. Zudem stellt Monsanto in einem Schreiben an die EU-Kommission vom November 2014 fest, dass seine Mitarbeiter schon seit 2013 nicht mehr in der Lage sind, das Monitoring durchzuführen, weil das Patent auf die Pflanzen erloschen sei und auch andere Unternehmen das Saatgut zum Verkauf anbieten dürften.
„Es sieht so aus, als hätte Monsanto es versäumt, geeignete Netzwerke aufzubauen, die es dem Konzern ermöglichen würden, nach dem Erlöschen des Patents die vorgeschriebenen Berichte über mögliche Umweltauswirkungen zu liefern“, sagt Christoph Then von Testbiotech. „Monsanto muss aber in jedem Fall die Informationen vorlegen, die gesetzlich vorgeschrieben sind. Wenn es keine belastbaren Daten über mögliche Umweltauswirkungen gibt, muss der Anbau von MON810 gestoppt werden.“
Die fehlende Erfüllung rechtlicher Auflagen ist nicht das einzige Problem für Monsanto. Eine vor kurzer Zeit erschienene wissenschaftliche Publikation weckt darüber hinaus erhebliche Zweifel an der genetischen Stabilität von MON810 unter den Bedingungen des Klimawandels. Der durch wechselnde klimatische Bedingungen ausgelöste Umweltstress könnte demnach dazu führen, dass der Stoffwechsel der Pflanzen entgleist. Zudem wurde bekannt, dass zentrale Elemente der Risikobewertung der EFSA auf fehlerhaften Annahmen beruhen. Wie 2014 in einer weiteren wissenschaftlichen Publikation gezeigt wurde, sind unter anderem die Raupen geschützter Schmetterlinge einer wesentlich höheren Belastung ausgesetzt, als von der EFSA angenommen wurde: Der Pollen der Gentechnik-Pflanzen, der ein Insektengift enthält, wird in einem größeren Umkreis in der Umwelt verteilt, als bisher bekannt.