Eine aktuelle Publikation aus China zeigt eine Fülle von unerwarteten Nebenwirkungen bei der Anwendung der Neuen Gentechnik (NGT) bei Reis. Ziel der gentechnischen Veränderungen waren sogenannte Zinkfinger-Proteine, die bei der Steuerung der Genaktivität eine wichtige Rolle spielen. Bei Pflanzen werden sie mit wichtigen Funktionen wie Reaktionen auf Umweltstress, Blühinduktion, Wachstum und Keimfähigkeit in Verbindung gebracht. Durch den Einsatz der NGT-Verfahren kam es zu vielen unerwarteten Effekten.
So kam es bei der Aktivität der Gen-Schere CRISPR/Cas zu Verwechslungen der Zielsequenz mit anderen DNA-Abschnitten (‚off-target‘). Die Pflanzen zeigten erhebliche Schwankungen bei der Vererbung der genetischen Veränderungen auf die nächsten Generationen (genetische Instabilität). Zudem war die Wirkung des gentechnischen Eingriffs auch dann unterschiedlich, wenn die gleiche Gensequenz verändert wurde.
Die hier anvisierten Gene gehören zu einer Gruppe, die für Transkriptionsfaktoren (Zinkfingerproteine) codieren, die bei allen Pflanzenarten vorkommen und die Aktivität zentraler Gene steuern. Bereits 2022 wurde publiziert, dass Reis per CRISPR/Cas in den Zinkfingergenen verändert worden war, um den Ertrag zu erhöhen. Dieser NGT-Reis wies im Ergebnis neue genetische Eigenschaften auf, die in den natürlichen Populationen nicht entdeckt werden konnten, obwohl man hunderte von Sorten danach durchsucht hatte.
Nach Ansicht von Testbiotech zeigen diese Publikation die Notwendigkeit für eine verpflichtende Risikoprüfung bei NGT-Pflanzen. Derzeit müssen in der EU die Risiken gewollter und ungewollter gentechnischer Veränderungen bei NGT-Pflanzen im Rahmen der Zulassungsprüfung untersucht werden. Damit sollen unerwünschte Auswirkungen auf Mensch und Umwelt möglichst verhindert werden.
Doch nach dem Willen der EU-Kommission würde das in Zukunft nicht mehr gelten. Die Angaben von Firmen über die Sicherheit von NGT-Pflanzen könnten nicht mehr unabhängig überprüft werden. Damit können sich unbemerkt Risiken für die Umwelt, die Lebensmittelherstellung und die Pflanzenzucht einschleichen und akkumulieren. Testbiotech fordert deswegen, dass der Vorschlag der EU-Kommission zurückgewiesen wird. Dagegen wirbt die polnische Ratspräsidentschaft derzeit für eine Zustimmung der EU-Mitgliedsländer zur Deregulierung von NGT-Pflanzen.
Kontakt:
Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040
Weiterführende Informationen:
Fragen und Antworten zur Diskussion um die Regulierung von NGT-Pflanzen