EFSA diskutiert über Risikobewertung von Gene Drives

Testbiotech fordert die Anwendung von ‚Cut-Off-Kriterien‘

30. April 2020 / Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat im Auftrag der EU-Kommission eine Konsultation über eine Richtlinie zur Risikobewertung von sogenannten Gene Drives durchgeführt. Zeitgleich wurde eine neue wissenschaftliche Publikation von Testbiotech nach Peer-Review zur Veröffentlichung akzeptiert. Diese Publikation zeigt, dass das von der EFSA vorgeschlagene Konzept nicht ausreichend ist. Demnach müssten Ausschlusskriterien für die Risikoprüfung von Gene Drives definiert werden, um eine unkontrollierbare Ausbreitung der Gentechnik-Organismen zu verhindern.

Als Gene Drives werden genetische Elemente bezeichnet, die sich schneller ausbreiten, als das normalerweise zu erwarten wäre. In den letzten Jahren wurden mit Werkzeugen wie der Gen-Schere CRISPR/Cas entsprechende gentechnische Konstrukte für Gene Drives entwickelt. Diese Genkonstrukte sollen in Organismen eingebracht und diese dann in die Umwelt freigesetzt werden und sich in natürlichen Populationen besonders rasch ausbreiten. Das Ziel ist dabei, die jeweilige Art gentechnisch zu verändern oder sogar auszurotten. Aber einmal in Gang gesetzt, lässt sich deren Verbreitung oft nicht mehr verlässlich kontrollieren. Die Schäden für Mensch und Umwelt können erheblich sein.

Vor diesem Hintergrund befasst sich die EFSA derzeit unter anderem mit Richtlinien zur Prüfung der Risiken von Mücken, die gentechnisch veränderte Gene Drives vererben. Es gibt Pläne, derartige Mücken in Afrika zur Bekämpfung von Malaria einzusetzen: Arten, die den Erreger der Malaria übertragen, sollen durch eine gentechnische Kettenreaktion ausgerottet oder durch Gentechnik-Mücken ersetzt werden, die nicht mehr als Krankheitsüberträger dienen können.

Wie die neue Publikation von Testbiotech zeigt, gibt es hier ein erhebliches Problem für die Risikobewertung: Die gentechnische Veränderung müsste sich in Dutzenden von Generationen und Milliarden von Mücken vererben, bevor das erwünschte Ziel erreicht werden kann. Dieser Vorgang würde in der Natur, außerhalb der Labore, über lange Zeiträume und ohne Sicherheitskontrollen ablaufen. Dabei wären die Gentechnik-Mücken und ihre Nachkommen einer unübersehbaren Zahl von genetischen Einflussfaktoren und Umwelteinflüssen ausgesetzt. Deswegen können Freisetzungsversuche mit den Gentechnik-Mücken ganz andere Resultate zeigen, als aufgrund von Laborversuchen erwartet wurde.

Eine sichere Methode, die Eigenschaften der Nachkommen der Gentechnik-Mücken vorherzusagen, gibt es nicht. Die Risiken umfassen u.a. eine vermehrte Übertragung von Krankheitserregern, die Auslösung von Allergien durch Insektenstiche und tiefgreifende Störungen der Ökosysteme.

Diese Risiken werden auch im Text der EFSA benannt, den sie für die Konsultation veröffentlicht hat. Allerdings erwähnt die EFSA nicht, dass das Vorsorgeprinzip zur Anwendung kommen muss: Die EU schreibt vor, dass Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen nur dann erfolgen dürfen, wenn deren Sicherheit nachgewiesen ist und sie im Notfall wieder aus der Umwelt entfernt werden können. Beides ist im Falle von gentechnisch veränderten Gene-Drive-Mücken nicht gegeben.

Vor diesem Hintergrund fordert Testbiotech erhebliche Nachbesserungen am Entwurf der EFSA. Ist eine Freisetzung von gentechnisch veränderten Gene-Drive-Organismen räumlich und zeitlich nicht kontrollierbar, kann die Risikoabschätzung zu keinem ausreichend belastbaren Ergebnis gelangen. Die Freisetzung muss dann untersagt werden. Bei dieser Empfehlung stützt sich Testbiotech insbesondere auch auf die Ergebnisse des Forschungsprojektes GeneTip, dessen Ergebnisse ebenfalls diese Woche vollständig veröffentlicht wurden.

Kontakt:
Christoph Then, Tel. 0151 54638040, info@testbiotech.org

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