19. Mai 2017 / Vor 25 Jahren, im Mai 1992, erteilte das Europäische Patentamt (EPA) das erste Patent auf Säugetiere, es handelte sich um die sogenannte Krebsmaus (EP0169672). Die Mäuse waren gentechnisch so manipuliert, dass sie im Laufe ihres Lebens zwangsläufig an Krebs erkranken mussten. Angemeldet hatte das Patent die Harvard-Universität, genutzt wurde es vom US-Konzern DuPont. Gegen das Patent auf die „Krebsmaus“ wurden viele Einsprüche eingelegt. Das Patent wurde daraufhin zwar eingeschränkt, blieb aber dennoch bestehen.
Die grundlegenden rechtlichen und ethischen Fragen, die mit diesen Patenten einhergehen, sind nach wie vor weitgehend ungelöst. Die Prüfer des Europäischen Patentamts (EPA), die das Patent erteilten, begründeten dagegen die Patenterteilung ausdrücklich damit, dass mit diesem Modell Tierversuche eingespart und neue Arzneimittel getestet werden könnten. Doch die Krebsmaus spielte bei der Entwicklung von Arzneimitteln und Therapien keine nennenswerte Rolle. Stattdessen fungierte sie eher als Türöffner für Patente auf Säugetiere. Etwa tausend Patenterteilungen auf Versuchstiere wurden seither vom EPA erteilt.
Parallel dazu stieg die Zahl der Tierversuche immer weiter an. In Deutschland wurde 2015 erstmals die Zahl von einer Million gentechnisch veränderter Versuchstiere pro Jahr überschritten. Zuvor hatten sich die Zahlen zwischen 2004 und 2013 bereits nahezu verdreifacht.
Dabei spielen auch kommerzielle Erwartungen eine Rolle: Patentanträge auf gentechnisch veränderte Tiere sind ein deutliches Zeichen dafür, dass Konzerne und Investoren bereit sind, aus Tierleid auch ein Geschäft zu machen. Von den Patenten geht ein wirtschaftlicher Anreiz aus, der zu einem deutlichen Anstieg von Tierversuchen führen kann. Viele Patentinhaber werden versuchen, innerhalb der 20 Jahre betragenden Laufzeit maximalen Profit herauszuschlagen. Trotz aller ethischen Vorbehalte erteilt das EPA auch weiterhin Patente auf gentechnisch veränderte Versuchstiere. Zuletzt hatte das EPA sogar Einsprüche gegen die Patentierung gentechnisch veränderter Schimpansen zurückgewiesen.
Ein starker Treiber für immer mehr Tierversuche sind auch neue Gentechnik-Verfahren, bei denen unter anderem die DNA-Schere CRISPR Cas zur Anwendung kommt. Diese Methoden erlauben es, bei Versuchstieren gezielter und schneller als bisher zusätzliche DNA einzubauen oder Gene stillzulegen. Inzwischen bieten Firmen an, ‚kundenspezifisch‘ gentechnisch veränderte Mäuse und Ratten besonders kostengünstig und innerhalb weniger Monate liefern.
Ein unmittelbarer medizinischer bzw. therapeutischer Nutzen ist mit den meisten dieser Tierversuche nicht verbunden. So haben „Tierversuchsmodelle“ wie die „Krebsmaus“, mit denen bestimmte Krankheiten des Menschen simuliert werden sollen, in den meisten Fällen die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt.