Antwort: Hans-Georg von der Marwitz (CDU, MdB)

Hans-Georg von der Marwitz, ordentliches Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und Ernährung, stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Minister der CDU-Bundestagsfraktion, positioniert sich wie folgt:


„Sehr geehrter Herr Dr. Then,


vielen Dank für Ihr Schreiben vom 4. April 2017 „Der Gentechnik Grenzen setzen!“, auf das ich Ihnen gerne antworte.

Die Ängste der Menschen in unserer Gesellschaft gegenüber der Grünen Gentechnik nehme ich nicht nur als Abgeordneter des Deutschen Bundestages sehr ernst.

Gerade vor dem Hintergrund der unerforschten Risiken ergeben sich auch aus landwirtschaftlicher Sicht unterschiedliche Punkte, die gegen die Nutzung Grüner Gentechnik in Deutschland und Europa sprechen. Neben den ungeklärten Folgen des Einsatzes von Gentechnik sind es vor allem die entstehenden Abhängigkeiten von großen Konzernen, die allen Sorgen bereiten müssten.

1. Aktuell bringt die Grüne Gentechnik keine praktisch relevanten Problemlösungen, die nicht auch durch konventionelle Produktionsmethoden erreicht werden können. In Regionen, die sich klimatisch von Europa unterscheiden, kann die Grüne Gentechnik möglicherweise in Zukunft einen Beitrag zur Verbesserung der Nahrungsmittelproduktion leisten. In Europa hingegen überzeugt das Argument der Unterversorgung an landwirtschaftlichen Nahrungsmitteln nicht.

2. Wenn es zum Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen in die freie Natur kommt, ist ihre Ausbreitung nicht beeinflussbar. Die Folgen unkontrollierter Verbreitung hätten einen enormen Einfluss auf die biologische Vielfalt in unserer Kulturlandschaft. Organismen, die einmal unter natürlichen Bedingungen freigesetzt wurden, können nicht auf ein bestimmtes Gebiet begrenzt werden. Ökologisch betrachtet fördert eine Sortenverarmung nur die Verbreitung von Monokulturen. Die Beschränkung auf einige wenig Kulturpflanzen kann nicht für eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft stehen. Deshalb muss eine gentechnikfreie Landwirtschaft wirksamer geschützt werden. So lange einerseits die Auswirkungen der Erbgutmanipulationen nicht hinreichend erforscht sind, andererseits Märkte für gentechnikfreie Produkte bestehen und von der deutschen Landwirtschaft bedient werden, muss es ein wichtigstes Ziel sein, sicherzustellen, dass durch gentechnisch veränderte Organsimen keine Nachteile für die konventionell bzw. ökologisch wirtschaftenden Landwirte entstehen.

3. Ebenso ist die Patentierung von Nutzpflanzen und Tieren sowie deren Produkte grundsätzlich abzulehnen. Auch die Bundesregierung setzt sich im Koalitionsvertrag gegen die Patentierung von Lebewesen ein. Durch die Patentierung von genveränderten Organismen entstehen lediglich einseitige Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Unternehmen und den Landwirten. Dies schränkt die Landwirte in ihrer unternehmerischen Freiheit nur noch mehr ein. Zukünftig muss gewährleistet sein, dass Tiere und Pflanzen den Landwirten gehören und Patente auf Pflanzen und Tiere gänzlich ausgeschlossen werden.

Nach meinem Dafürhalten ist besonders wichtig, nachhaltige Lösungen für Mensch, Tier und Umwelt zu finden, so dass die Folgen unseres heutigen Handelns nicht zum Nachteil späterer Generationen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Hans-Georg von der Marwitz“

 

Testbiotech fragt nach:

Vielen Dank für Ihre klare Positionierung! Wir wollen Sie an dieser Stelle noch zu einem konkreten Vorschlag befragen, den wir schon vor ein paar Jahren in die Diskussion eingebracht haben: Testbiotech schlägt vor, einen Fonds einzurichten, in den die Industrie einzahlen muss. Mit diesen Geldern könnte systematisch eine von der Biotechnologieindustrie unabhängige Forschung gefördert werden, die konsequent auf den Schutz von Umwelt und VerbraucherInnen ausgerichtet ist. Die wissenschaftlichen Anforderungen der mit diesen Geldern finanzierten Forschung würden an internationalen Standards ausgerichtet. Über die Verteilung der Gelder und die Ausrichtung der Forschungsprojekte sollte unter Beteiligung von Nichtregierungsorganisation entschieden werden, die u.a. aus dem Bereich von Umwelt- und Verbraucherschutz kommen. Dieses Modell lässt sich auch auf andere Bereiche, wie bspw. die Risikoforschung im Bereich von Pestiziden, Chemikalien und Nanotechnologie, ausweiten. Auf diese Weise könnte die Vielfalt in der Forschungslandschaft gefördert und die Grundlage für politische Entscheidungen erweitert werden. Wie beurteilen Sie diesen Vorschlag vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen?

 

Publication year: 
2017