Testbiotech EU-Gentechniknewsletter 3/2017 (Dezember 2017)

Das Wichtigste

Aktivitäten in Bezug auf dreifach herbizidresistente Soja / EFSA nennt Details zum Monsanto-Sponsoring / Neue Studien zu Herbizidresistenzgenen und kombinatorischen Effekten / EU-Mitgliedstaaten stimmen Glyphosat-Wiederzulassung zu

Aktuelle Themen und Aktivitäten

  • „Gift-Soja“ (I): EU-Mitgliedsstaaten stoppen Zulassung neuer gentechnisch veränderter „Gift-Soja“ nicht
  • „Gift-Soja“ (II): EU-Parlament gegen die Zulassung von gentechnisch veränderten Sojabohnen, die gegen drei Herbizide resistent sind
  • „Gift-Soja (III): Testbiotech wirft Firmen Manipulation der Risikoprüfung vor
  • Monsantos Sponsoring: EFSA nennt Details
  • Testbiotech-Kommentar zu Mais MON 87427 × MON 89034 × NK603
  • Testbiotech-Kommentar zu MON 87427 x MON 89034 x 1507 x MON 88017 x 59122

Aktuelles aus der Wissenschaft

  • Kritik an EFSA-Bewertung von kombinatorischen Effekten
  • Neue Studie zu Auswirkungen von Glyphosat auf Umwelt und Gesundheit
  • Neue Informationen zum Herbizidresistenz-Gen „bar“

Neuigkeiten von der EFSA

  • EFSA-Stellungnahme zu gentechnisch verändertem Mais 1507 × 59122 × MON810 × NK603 und Unterkombinationen als Lebens- und Futtermittel
  • Bewertung von gentechnisch verändertem Raps MS8, RF3 und MS8 × RF3 zur Wiederzulassung
  • Leitlinien für die Risikobewertung zur Präsenz geringer Mengen von gentechnisch verändertem Pflanzenmaterial in importierten Lebens- und Futtermitteln
  • Bewertung von gentechnisch veränderten Zuckerrüben H7-1 zur Wiederzulassung
  • Bewertung von gentechnisch verändertem Mais GA21 zur Wiederzulassung

Verschiedenes

  • EU-Mitgliedstaaten einigen sich auf Glyphosat-Wiederzulassung - Widerstand im EU-Parlament

Aktuelle Themen und Aktivitäten

„Gift-Soja“ (I): EU-Mitgliedsstaaten stoppen Zulassung neuer gentechnisch veränderter „Gift-Soja“ nicht
Bei Abstimmungen im September und Oktober haben die EU-Mitgliedstaaten keine qualifizierte Mehrheit erreicht, um die Zulassung von neuen gentechnisch veränderten Sojabohnen zu stoppen, die von Bayer und Dow AgroSciences hergestellt werden. Die Unternehmen wollen zwei neue Gentechnik-Sojavarianten in die EU importieren, um sie dort in Futter- und Lebensmitteln verarbeiten zu lassen. Die Sojapflanzen wurden jeweils gegen drei Herbizide resistent gemacht, mit deren Rückständen auch die Ernte belastet ist.
www.testbiotech.org/node/2069

Testbiotech Videoclip zu diesem Thema: www.testbiotech.org/gentechnik-grenzen/soja-importe-stoppen

„Gift-Soja“ (II): EU-Parlament gegen die Zulassung von gentechnisch veränderten Sojabohnen, die gegen drei Herbizide resistent sind
Das EU-Parlaments fordert, den Import neuer Gentechnik-Soja mit dreifacher Resistenz gegen Herbizide und deren Verwendung in Lebens- und Futtermitteln nicht zu erlauben. Vor einer Zulassung sollten vielmehr die Rückstände der Herbizide genauer untersucht werden, gegen die die Pflanzen resistent gemacht wurden. Das geht aus einer Resolution hervor, die im Oktober vom Parlament verabschiedet wurde.
www.testbiotech.org/node/2097

Gift-Soja (III): Gentechnik-Soja: Testbiotech wirft Firmen Manipulation der Risikoprüfung vor
Nach Analyse von Testbiotech gibt es deutliche Hinweise darauf, dass die Konzerne Dow und Bayer die Daten für die Risikoprüfung gentechnisch veränderter Soja manipuliert haben. Der Vorwurf basiert auf Daten, die von den Firmen im Rahmen der EU-Zulassungsprüfung vorgelegt wurden. Demnach setzte Dow bei Fütterungsversuchen mit Ratten eine spezielle Probe der Gentechnik-Soja ein, die mit wesentlich weniger Spitzmittel behandelt wurde, als es in der Praxis der Fall ist. Die Firma Bayer setzte beim Versuchsanbau ihrer Soja nur einen Bruchteil der tatsächlich üblichen Spitzmittelmengen ein. Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hatte Testbiotech die entsprechenden Dokumente erst mit erheblicher Verzögerung zur Verfügung gestellt.
www.testbiotech.org/node/2123

Aktuelle Version des Hintergrunds zu den Risiken der Gentechnik-Soja: www.testbiotech.org/node/2065

Monsantos Sponsoring: EFSA nennt Details
Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) hat in einem Schreiben an Testbiotech bestätigt, dass es ein Angebot gab, die Reise eines führenden Mitarbeiters der Behörde zu sponsern. Nach derzeitigem Kenntnisstand ließ der US-Konzern Monsanto ein entsprechendes Angebot über einen Strohmann unterbreiten. Dabei ging es um Reisekosten für eine Konferenz in den USA, auf der über die Risiken von Glyphosat diskutiert wurde. Nach Auskunft der Vorsitzenden des Management Boards der EFSA, Frau Jaana Husu-Kallio, entsandte die Behörde eine Mitarbeiterin zu dieser Konferenz, das Sponsoringangebot wurde jedoch abgelehnt.
www.testbiotech.org/node/2101

Zuvor hatte die EFSA zurückgewiesen, dass die Teilnahme eines ihrer Experten an einer Konferenz indirekt von Monsanto finanziert wurde. In dem früheren Schreiben an Testbiotech beantwortete die EFSA allerdings keine der wesentlichen Fragen, die Testbiotech aufgeworfen hatte.
www.testbiotech.org/node/2060

Testbiotech-Kommentar zu Mais MON 87427 × MON 89034 × NK603
Testbiotech kommentierte eine Stellungnahme der EFSA zu Mais MON 87427 × MON 89034 × NK603 und Unterkombinationen von Monsanto. Testbiotech kam zu dem Schluss, dass die Stellungnahme der EFSA abgelehnt werden sollte. So hat die Behörde beispielsweise keine Daten zu möglichen toxischen Wirkungen und Auswirkungen auf das Immunsystem angefordert. Für mehrere Unterkombinationen wurden überhaupt keine Daten angefordert.
www.testbiotech.org/node/2095

Testbiotech-Kommentar zu MON 87427 x MON 89034 x 1507 x MON 88017 x 59122
Testbiotech kommentierte eine Stellungnahme der EFSA zu Mais MON 87427 x MON 89034 x 1507 x MON 88017 x 59122 und Unterkombinationen von Monsanto. Nach Einschätzung von Testbiotech hat die EFSA keine empirischen Daten zu Toxizität und Auswirkungen auf das Immunsystem angefordert und weder offene Fragen noch wissenschaftliche Unsicherheiten einbezogen. Kombinatorische Effekte wurden ebenso ignoriert wie die Folgen von erhöhten Glyphosat-Aufwandsmengen und -Rückständen.
www.testbiotech.org/node/2116

Aktuelles aus der Wissenschaft

Kritik an EFSA-Bewertung von kombinatorischen Effekten
In einer kürzlich veröffentlichten Studie (“Criticism of EFSA’s scientific opinion on combinatorial effects of ‘stacked’ GM plants”) hat Autor Thomas Bøhn die EFSA-Risikobewertung von so genannten ‚Stacked Events‘ kritisch überprüft. Bøhn und andere Wissenschaftler hatten zuvor festgestellt, dass die kombinatorischen Effekte von Bt-Toxinen und Glyphosat in Daphnia magna vom GVO-Panel der EFSA nicht angemessen berücksichtigt worden waren. Die EFSA hatte die Ergebnisse zurückgewiesen. In seiner Antwort an die EFSA argumentiert Bøhn, dass die EFSA die kombinatorischen Effekte verschiedener Cry-Toxine und von Cry-Toxinen zusammen mit einem oder mehreren Herbiziden nicht richtig bewertet.
www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0278691517306907

Neue Studie zu Auswirkungen von Glyphosat auf Umwelt und Gesundheit
Eine neue Publikation zu Glyphosat wurde in der Zeitschrift Science of the Total Environment veröffentlicht. Die Autoren bewerten darin die bisher verfügbare wissenschaftliche Literatur über die Rückstände von Glyphosat und dessen Abbauprodukt Aminomethylphosphonsäure (AMPA) in Boden und Wasser, die Toxizität der Stoffe gegenüber Makro- und Mikroorganismen, sowie mögliche indirekte Wirkungen auf Pflanzen, Tiere und menschliche Gesundheit. Die Publikation fokussiert sich dabei auf weniger oft diskutierte Effekte wie zum Beispiel Veränderungen der mikrobiellen Zusammensetzung in Boden, Pflanzen und Tieren. So sehen die Autoren einen Zusammenhang zwischen der Verwendung von Glyphosat und der Zunahme von Antibiotikaresistenzen. Zusammenfassend weisen sie darauf hin, dass die Probleme, die mit der großflächigen und intensiven Nutzung von Glyphosat verbunden sind, in den behördlichen Risikobewertungen bislang nicht angemessen berücksichtigt werden.
www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969717330279

Neue Informationen zum Herbizidresistenz-Gen bar
Eine kürzlich in Nature Plants veröffentlichte Studie (“Non-specific activities of the major herbicide resistance gene BAR”) zeigt, dass es bei der Verwendung von Herbizidresistenz-Genen in gentechnisch veränderten Pflanzen zu unbeabsichtigten Effekten kommt. Forscher aus den USA und der Schweiz fanden heraus, dass das weit verbreitete Herbizidresistenz-Gen bar, das ein Protein produziert, das gentechnisch veränderte Pflanzen gegenüber tolerant gegenüber Glufosinat macht, auch ungewollt zwei neue Enzyme produziert, Acetyl-Aminoadipat und Acetyl-Tryptophan. Diese Befunde überraschen, da das bar-Gen seit Jahrzehnten in transgenen Pflanzen verwendet wird, ohne dass es bislang Hinweis auf die zusätzlichen Enzyme oder eine eine Störung des Pflanzenstoffwechsels gab. Tests zeigten, dass die neu produzierten Enzyme in allen Pflanzenarten (Soja, Raps, Senf und Weizen) gefunden wurden, die in den Experimenten erzeugt worden waren. Laut den Autoren kommt Acetyl-Tryptophan natürlicherweise als Metabolit in verschiedenen Pflanzenarten vor. Acetyl-Aminoadipat wurde dagegen noch nie zuvor in Pflanzen gefunden. Da mehrere transgene Pflanzen, die das bar-Gen enthalten, in der EU zugelassen sind, sollten die Ergebnisse der Studie zu weiteren Untersuchungen hinsichtlich möglicher Risiken und einer neuen Risikobewertung der EFSA für die betreffenden Pflanzen führen.
www.nature.com/articles/s41477-017-0061-1

Neuigkeiten von der EFSA

EFSA-Stellungnahme zu gentechnisch verändertem Mais 1507 × 59122 × MON810 × NK603 und Unterkombinationen als Lebens- und Futtermittel
Am 28. November veröffentlichte die EFSA eine Stellungnahme zum insektengiftigen und herbizidtoleranten Mais 1507 × 59122 × MON810 × NK603. Die EFSA kam dabei zu dem Schluss, dass die Pflanzen so sicher sind wie nicht gentechnisch veränderter Mais.
www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/5000

Bewertung von gentechnisch verändertem Raps MS8, RF3 und MS8 × RF3 zur Wiederzulassung
Am 28. November 2017 veröffentlichte die EFSA eine Stellungnahme zu einem Antrag auf Erneuerung der Zulassung von Glufosinat-tolerantem Raps MS8, RF3 und MS8 × RF3. Das GVO-Panel kam zu dem Schluss, dass im Rahmen des Antrags auf Wiederzulassung keine neuen Gefährdungen, veränderte Expositionen oder wissenschaftliche Unsicherheiten vorliegen, die die Schlussfolgerungen der ursprünglichen Risikobewertung zu Raps MS8, RF3 und MS8 × RF3 ändern würden.
www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/5067

Leitlinien für die Risikobewertung zur Präsenz geringer Mengen von gentechnisch verändertem Pflanzenmaterial in importierten Lebens- und Futtermitteln
Am 20. November 2017 veröffentlichte die EFSA neue Leitlinien zur Risikobewertung zur Präsenz geringer Mengen von gentechnisch verändertem Pflanzen in importierten Lebens- und Futtermitteln (www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/5048). Die Prüfrichtlinien soll grundlegende wissenschaftliche Anforderungen aufzeigen, die für die Risikobewertung notwendig sind. Die von der EFSA empfohlenen Hauptpunkte sind:
Charakterisierung des Transformationsereignisses und seiner erwünschten Wirkungen;
Im Einzelfall sollte eine gezielte Analyse der Pflanzeninhaltsstoffe erfolgen;
Mögliche kumulative Effekte sollten in Betracht gezogen werden.
90-tägige Toxizitätsstudien an Nagetieren werden von der EFSA als nicht notwendig erachtet.

Ein begleitender technischer Bericht, “Outcome of the European Member States and Public consultations on the draft guidance”, wurde hier veröffentlicht :
www.efsa.europa.eu/de/support/pub/1329e

Bewertung von gentechnisch veränderten Zuckerrüben H7-1 zur Wiederzulassung
Am 16. November veröffentlichte die EFSA eine Stellungnahme zur Wiederzulassung von Glyphosat-toleranten Zuckerrüben. Das GVO-Panel kam zu dem Schluss, dass keine neuen Gefährdungen, keine veränderte Exposition und keine wissenschaftlichen Unsicherheiten vorliegen, die die Schlussfolgerungen der ursprünglichen Risikobewertung ändern würden."
www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/5065

Bewertung von gentechisch verändertem Mais GA21 zur Wiederzulassung
Am 24. Oktober veröffentlichte die EFSA eine Bewertung zur Wiederzulassung von Glyphosat-tolerantem Mais GA21. Auch hier kam das GVO-Panel zu dem Schluss, dass keine Hinweise auf neue Gefährdungen, veränderte Exposition oder wissenschaftliche Unsicherheiten vorliegen, die die Schlussfolgerungen der ursprünglichen Risikobewertung von Mais GA21 ändern würden.
www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/5006

Verschiedenes

EU-Mitgliedstaaten einigen sich auf Glyphosat-Wiederzulassung - Widerstand im EU-Parlament
Am 27. November stimmten die EU-Mitgliedsstaaten erneut über die Erneuerung der Zulassung von Glyphosat ab. Eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten stimmte einer Verlängerung um fünf Jahre zu. Am 12. Dezember beschloss die EU-Kommission, die Zulassung um weitere fünf Jahre zu verlängern.
Im EU-Parlament wächst jedoch der Widerstand gegen diese Entscheidung. Ein neues juristisches Gutachten, das von den Grünen im Europäischen Parlament in Auftrag gegeben und vom ehemaligen UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Oliver De Schutter, verfasst worden ist, stellt die Rechtmäßigkeit der Durchführungsverordnung der Kommission in Bezug auf die Zulassung in Frage.
Dem Bericht zufolge ist die Durchführungsverordnung der Kommission rechtswidrig und sollte vom Europäischen Gerichtshof für nichtig erklärt werden.
http://extranet.greens-efa-service.eu/public/media/file/1/5422

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