Testbiotech-EU-Gentechnik-Newsletter 4/2015 (Oktober 2015)

Das Wichtigste

Neue Runde gegen EU-Zulassung von „Gift-Soja“ / Rechtsgutachten zu neuen Gentechnik-Verfahren / Große Mehrheit der EU-Staaten nutzt die Möglichkeit zum Opt-out beim Anbau von Gentechnik-Pflanzen / Neue Studie über die unkontrollierte Ausbreitung gentechni

Aktuelle Themen und Aktivitäten
  • Aufruf gegen EU-Zulassung von „Gift-Soja“
  • Rechtsgutachten zu neuen Gentechnik-Verfahren
  • Neue Studie über die unkontrollierte Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen
  • Mehrheit der EU-Staaten nutzt eine Opt-out-Regelung zum
  • Kein Zugang zu Daten über die Risikobewertung von Glyphosat
  • Noch keine Antwort auf Beschwerden gegen EU-Importzulassungen
  • EU-Forschungsprojekt GRACE kurz vor dem Abschluss
  • Aktuelle Stellungnahmen von Testbiotech zu Risikobewertungen der EFSA
Aktuelles aus der Wissenschaft
  • EFSA bewertet Studie über Laborfuttermittel
  • EFSA bewertet Stresstest an Gentechnik-Mais
  • Rückstände von Glyphosat in Gentechnik-Pflanzen
Neuigkeiten von der EFSA
  • Neue Risikobewertungen der EFSA
  • Neue Konsultation der EFSA
Neue EU-Zulassungen
  • Anstehende Entscheidungen zu glyphosatresistenten Maispflanzen

Aktuelle Themen und Aktivitäten

  • Aufruf gegen Zulassung von „Gift-Soja“ Die EU-Kommission sieht laut einem aktuellen Schreiben keinen Bedarf für eine detaillierte Untersuchung gentechnisch veränderter Pflanzen, die einen Mix von wahrscheinlich krebserregenden Rückständen enthalten. Die Gentechnik-Soja MON 87708 × MON 89788 der Firma Monsanto ist gegen die Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat und Dicamba resistent. Die Rückstände beider Spritzmittel stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Im Juli 2015 hatte Testbiotech eine Online-Aktion gegen die Importzulassung gestartet, vor Kurzem hat die EU-Kommission schriftlich auf diese Aktion reagiert. Aus der Antwort muss geschlossen werden, dass die Gentechnik-Soja zugelassen werden soll, ohne zuvor die spezifischen Wechselwirkungen von Rückständen der Unkrautvernichtungsmittel zu untersuchen. Jüngst hat die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA auch für die Gentechnik-Soja FG72 der Firma Bayer grünes Licht gegeben, welche die gleiche Problematik aufwirft: Diese Soja wurde gegen Glyphosat und Isoxaflutol resistent gemacht. Die Rückstände von Isoxaflutolen sind ebenfalls als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen klassifiziert. Der aktualisierte Aufruf: www.testbiotech.org/gift-soja Der Brief der EU-Kommission: www.testbiotech.org/node/1361 Die Pressemitteilung vom Juli 2015: www.testbiotech.org/node/1316
  • Rechtsgutachten zur Bewertung neuer Gentechnik-Verfahren Im September wurde ein Rechtsgutachten veröffentlicht, das sich mit dem rechtlichen Status neuer Gentechnik-Verfahren befasst. Dieses Gutachten wurde vor dem Hintergrund einer für die nächsten Wochen erwarteten Grundsatzentscheidung der EU-Kommission präsentiert. Die Industrie fordert, dass neue Methoden zur Veränderung des Erbguts von Pflanzen und Tieren nicht als Gentechnik einzustufen und so von der Registrierung, Risikoprüfung und Kennzeichnung auszunehmen seien. Nach Ansicht vieler Nichtregierungsorganisationen fallen diese neuen Verfahren hingegen klar in den Anwendungsbereich der EU-Gentechnik-Gesetze. Diese Auffassung wird jetzt durch ein neues Gutachten gestützt, das von dem EU-Rechtsexperten Professor Dr. Ludwig Krämer verfasst wurde. Auch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat ein Rechtsgutachten veröffentlicht, das betont, dass die neuen Technologien, die mit Oligonukleotiden arbeiten, als Gentechnik reguliert werden müssen. Link zum Gutachten der NGOs: www.testbiotech.org/node/1342 Link zum Gutachten des BfN: http://bfn.de/fileadmin/BfN/agrogentechnik/Dokumente/Legal_analysis_of_genome_editing_technologies.pdf
  • Neue Studie über die unkontrollierte Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen Testbiotech veröffentlichte einen aktuellen und globalen Überblick über Fälle der unkontrollierten Ausbreitung vermehrungsfähiger gentechnisch veränderter Organismen in der Umwelt. Die Fälle, in denen eine Ausbreitung und Vermehrung in der Umwelt bereits nachgewiesen sind, betreffen u. a China (Reis), Mexiko (Mais und Baumwolle), Japan (Raps) Südkorea (Baumwolle und Mais) und die USA (Gräser). Weitere mögliche Fälle betreffen Auberginen in Indien und Bangladesch, Bäume wie Eukalyptus und Kiefern in Nord- und Südamerika sowie gentechnisch veränderte Insekten in Brasilien und Panama. Zusätzlich drohen in der Zukunft erhebliche Risiken durch neue Verfahren der Synthetischen Gentechnik. Mithilfe neuer gentechnischer Verfahren können beispielsweise Insekten mit sogenannten „Gene-Drives“ ausgestattet werden. Die Vererbungsmechanismen sind bei diesen Organismen so verändert, dass sich synthetische Gene wesentlich schneller in natürlichen Populationen ausbreiten. Der Bericht wurde auch im Rahmen eines Treffens der Ad Hoc Technical Expert Group zu Synthetischer Biologie vorgestellt, das vom 21. bis 25. September im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) in Montreal, Kanada stattfand. Informationen zur Ad hoc technical working group: https://bch.cbd.int/synbio/AHTEG_TOR/ Link zum Bericht: www.testbiotech.org/node/1338 Link zum internationalen Aufruf: www.stop-the-spread-of-transgenes.org
  • Deutliche Mehrheit der EU-Staaten nutzt die Opt-out-Regelung Nachdem die EU vor einigen Monaten die Möglichkeit eingeräumt hat, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen wie MON810 regional zu verbieten oder einzuschränken („opt out“), hat die Mehrheit der Mitgliedsländer reagiert. Es gingen Anträge aus 17 Ländern und vier Regionen ein. Eine neue Website der EU-Kommission gibt einen Überblick über die Vereinbarungen, die zu den jeweiligen Opt-out-Anträgen geschlossen wurden. Der Konzern Syngenta hat auf diesen Vorstoß reagiert und einige Anbauanträge komplett zurückgezogen. Monsanto hatte bereits im Vorfeld bei allen noch nicht entschiedenen Anbauanträgen einen Rückzieher gemacht. Die Website der EU-Kommission: http://ec.europa.eu/food/plant/gmo/authorisation/cultivation/geographical_scope_en.htm Weitere Informationen: www.keine-gentechnik.de/nachricht/31326/
  • Kein Zugang zu Daten über die Risikobewertung von Glyphosat Die Akten zur Risikobewertung des Spritzmittels Glyphosat sollen weiterhin geschlossen bleiben. Dies teilte die EU-Kommission jetzt in einem Schreiben an Testbiotech mit. Testbiotech hatte einen Antrag auf Einblick in den Bericht des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) gestellt, den die deutsche Behörde schon vor einigen Monaten an die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA geschickt hatte. Die Kommission teilt jetzt mit, dass sie nur bereits existierende Dokumente herausgeben könne. Der finale Bericht des BfR existiere aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch gar nicht. Vielmehr werde der Bericht erst fertiggestellt, sobald die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA ihre Bewertung des Spritzmittels Glyphosat abgeschlossen habe. Dann werde auch eine überarbeitete Version des BfR-Berichts veröffentlicht. Link zur Meldung: www.testbiotech.org/node/1355
  • Keine Antwort der EU-Kommission auf Beschwerden gegen EU-Zulassungen Obwohl die Fristen längst verstrichen sind, gibt es bis zum 29 Oktober keine Antwort der EU-Kommission auf unsere Beschwerden gegen die Importzulassungen von herbizidresistentem Gentechnik-Raps und Gentechnik-Soja mit veränderter Nahrungsmittelqualität. Informationen zu den Beschwerden: www.testbiotech.org/node/1333 & www.testbiotech.org/node/1290
  • GRACE-Projekt kurz vor Abschluss Das GRACE-Projekt, das sich mit den Risikobewertung gentechnisch veränderter Pflanzen befasst hat, steht kurz vor dem Abschluss: Am 9. und 10. November findet die Abschlusskonferenz in Potsdam statt. Testbiotech hatte das EU-Projekt mehrfach wegen Interessenkonflikten seiner Experten kritisiert, im April hatte Testbiotech deswegen auch eine Beschwerde beim EU-Ombudsmann eingelegt, deren Ergebnis bislang noch nicht vorliegt. Die Beschwerde von Testbiotech: www.testbiotech.org/node/1186 Die Tagung von GRACE: www.grace-fp7.eu/de/content/final-conference-registration-now-open
  • Stellungnahmen von Testbiotech zur Risikobewertung der EFSA Testbiotech hat bei der EU-Kommission weitere Stellungnahmen zu Risikobewertungen der EFSAeingereicht: >> MON 87708 x MON89788 (zweifach herbizidresistente Gentechnik-Soja, Firma Monsanto, siehe Aktion „Gift-Soja“): www.testbiotech.org/node/1314 >>FG72 (zweifach herbizidresistente Gentechnik-Soja, Firma Bayer, siehe Aktion „Gift-Soja“): www.testbiotech.org/node/1336 >>NK 603 x T25 (zweifach herbizidresistenter Gentechnik-Mais, Monsanto): www.testbiotech.org/node/1335 >>MON87427 (Resistenz gegen Glyphosat, Monsanto) www.testbiotech.org/node/1323 >>MON 87705 x MON89788 (veränderte Ölzusammensetzung und Resistenz gegen Glyphosat, Monsanto): www.testbiotech.org/node/1337
  • Neues aus der Wissenschaft

  • EFSA bewertet Studie über Laborfutter Bei einer Stichprobenuntersuchung von Futtermitteln für Labortiere wie Ratten und Mäuse fand ein Team um den französischen Wissenschaftler Gilles-Eric Séralini eine breite Palette von Giftstoffen, darunter Rückstände von Pestiziden, Schwermetalle und PCBs. Zudem bestanden einige der Futtermittel bis zu 50 Prozent aus gentechnisch veränderten Pflanzen. Die EFSA hat diese Studie jetzt bewertet, stellt dabei methodische Mängel fest und kommt zu der Ansicht, dass die Publikation zwar nützliche Informationen bereitstellt, es aber keinen Grund gebe, die bisherigen Stellungnahmen der EFSA zu revidieren. Damit macht es sich die Behörde zu einfach: So scheint sie der Auffassung zu sein, dass es kein Problem sei, wenn das Kontrollfutter der Labortiere mit Gentechnik-Pflanzen belastet ist. Auch auf das wesentliche Problem, dass der Einsatz kontaminierter Futtermittel in Kontrollgruppen dazu führen kann, dass die eigentlichen Effekte in Fütterungsversuchen „maskiert“ werden und unentdeckt bleiben, geht die EFSA nicht im Detail ein. Die Studie: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0128429 Bewertung der EFSA: www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/4258
  • EFSA bewertet Publikation über Stresstest an Gentechnik-Mais Wissenschaftler aus der Schweiz und Norwegen hatten im April die Ergebnisse von Untersuchungen an gentechnisch verändertem Mais (MON810) veröffentlicht, der ein Insektengift – ein sogenanntes Bt-Toxin – produziert (Trtikova et al., 2015). Die Pflanzen wurden in Klimakammern angebaut und verschiedenen Stressfaktoren wie Hitze und Trockenheit bzw. Kälte und Feuchtigkeit ausgesetzt. Das Projekt war von Testbiotech und verschiedenen Stiftungen unterstützt worden. Laut der Studie wurde auf diese Weise zum ersten Mal systematisch gemessen, wie wechselnde Umweltbedingungen die biologische Aktivität des zusätzlich eingeführten Gens. Die Ergebnisse sind überraschend. So war der durchschnittliche Gehalt an Bt-Toxinen in einer Gentechnik-Sorte höher als in der anderen. Bei einer Sorte kam es bei Kälte und Feuchtigkeit zu einer Vervielfachung des Gehalts an Insektengift, bei der anderen nicht. Die Aktivität des in die Pflanzen eingebauten Gen-Konstrukts war bei Hitze/Trockenheit bei einer Sorte signifikant vermindert, der Gehalt an Bt-Toxin hingegen nicht. Jetzt hat die EFSA die Studie bewertet. Sie verweist darauf, dass die Studie keine Ergebnisse erbracht habe, die bisherige EFSA-Stellungnahmen in Frage stellen würden. Dabei ignoriert die EFSA aber die eigentliche Aussage der Studie, dass der Gehalt an Bt-Toxinen sich nicht aus Feldversuchen unter Standardbedingungen vorhersagen lässt, sondern gezielte Versuche unter definierten Stressbedingungen durchgeführt werden müssen, um verlässlichere Daten zu erhalten. Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA verlangt für ihre Zulassungsprüfung derzeit keine systematischen Untersuchungen darüber, ob Umweltstress bei gentechnisch veränderten Pflanzen unerwünschte Reaktionen hervorruft. Wie der Stoffwechsel der technisch manipulierten Pflanzen beispielsweise auf veränderte Klimabedingungen reagiert, ist bislang weitgehend unerforscht. Testbiotech wird sich jetzt wegen der mangelhaften Prüfung durch die EFSA erneut an die EU-Kommission wenden. Die Studie: Trtikova, M., Wikmark, O.G., Zemp, N., Widmer, A., Hilbeck, A. (2015) Transgene expression and Bt protein content in transgenic Bt maize (MON810) under optimal and stressful environmental conditions, PLOS one, http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0123011 Weitere Infomationen: www.testbiotech.org/node/1198 Die Bewertung der EFSA: www.efsa.europa.eu/en/supporting/pub/878e
  • Publikation über Rückstände von Glyphosat in Gentechnik-Pflanzen In einer neuen Publikation aus Norwegen (Cuhra 2015) wird darauf hingewiesen, dass es nur wenige Daten über die Rückstandsbelastungen von Gentechnik-Pflanzen mit Glyphosat gibt. In vielen Fütterungsstudien mit herbizidresistenten Pflanzen werden dazu beispielsweise keine Angaben gemacht. Generell werden die meisten Studien von der Industrie oder in deren Auftrag durchgeführt. In die genannte Publikation wurden auch Daten von Testbiotech über Untersuchungen an argentinischen Sojabohnen einbezogen, die eine überraschend hohe Belastung mit Glyphosat-Rückständen zeigen. Cuhra M. (2015): „Review of GMO safety assessment studies: glyphosate residues in Roundup Ready crops is an ignored issue“, Environmental Sciences Europe 2015, 27:20, www.enveurope.com/content/27/1/20 Link zur Untersuchung von Testbiotech: www.testbiotech.org/node/925
  • Neue Stellungnahmen der EFSA

  • Neue Stellungnahmen der EFSA zu Gentechnik-Soja Die EFSA hat eine Bewertung der Soja MON 87769 × MON 89788 veröffentlicht. Die Soja ist in der Zusammensetzung von Ölsäuren verändert und gleichzeitig resistent gegenüber Glyphosat. Gegen die Zulassung der Ausgangspflanze MON87769 hat GeneWatch UK gemeinsam mit Testbiotech Beschwerde eingelegt, weil wesentliche Daten zur Bewertung gesundheitlicher Risiken fehlen. In ihrer aktuellen Bewertung sah sich auch die EFSA aufgrund fehlender Daten nicht in der Lage, die Risikobewertung abzuschließen. Die Bewertung der EFSA: www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/4256 Die Beschwerde von GeneWatch UK und Testbiotech: www.testbiotech.org/node/1290
  • EFSA startet Konsultation über ihre zukünftige Strategie EFSA Strategy 2020: www.efsa.europa.eu/en/consultations/call/151008
  • Neue EU-Zulassungen

  • Anstehende Entscheidungen zu glyphosatresistenten Maispflanzen Am 10. November wird sich das Appeal Committee (die Vertretung der Mitgliedsländer) mit der Zulassung von zwei Maispflanzen befassen, die gegen Glyphosat resistent gemacht wurden: MON87427 und NK603 x T25 (zur Bewertung duch EFSA und Testbiotech siehe oben). Gibt es bei der Abstimmung unter den EU-Mitgliedsländern keine ausreichende Mehrheit gegen die Zulassung, hat die EU-Kommission freie Bahn, um die Zulassung zu erteilen. Dies wären dann die ersten Neuzulassungen von glyphosatresistenten Pflanzen, seit die WHO Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend klassifiziert hat. http://ec.europa.eu/dgs/health_food-safety/dgs_consultations/gm_food_feed_env_risks_en.htm
  • Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit: www.testbiotech.org/spenden

PDF-Version